
Kleinschkorlopp oder Löben? Wo nun alles seinen Anfang nahm, darüber lässt sich trefflich streiten. Rudolph Sack erblickte 1824 in Kleinschkorlopp das Licht der Welt, aber in Löben baute er 1850 gemeinsam mit dem Dorfschmied Klopp den ersten deutschen Pflug aus Eisen. Was heute so normal klingt, war damals eine Sensation und sollte die Landwirtschaft revolutionieren und wenige Jahre später in die Gründung einer nunmehr 162 Jahre anhaltenden Industrietradition münden. Sack gründete 1863 in Leipzig-Plagwitz die Landmaschinenfabrik Rudolph Sack.
Den Bogen vom deutschen Pflug-Pionier bis zur heutigen Landmaschinenproduktion unter dem Markennamen Amazone bei BBG Leipzig spannte bei einem Vortrag am 23. März im Kitzener Kulturhaus Thomas Vogler. Vogler hat sei komplettes berufliches Leben in verschiedenen Funktionen bei Bodenbearbeitungsgeräte (BBG) in Leipzig verbracht. Der Mann vom Jahrgang 1954 erlebte nicht nur die Entwicklung des bedeutendsten Landmaschinenherstellers der DDR, sondern war ebenso Zeitzeuge des Fast-Untergangs von BBG nach 1990 sowie der Wiederauferstehung ab Ende der 1990er Jahre mit der Übernahme des Betriebes durch das renommierte Landmaschinenunternehmen Amazone der Industrieellenfamilie Dreyer aus dem niedersächsischen Hasbergen-Gaste bei Osnabrück.
Vogler, der für den erkrankten Siegfried Pögel beim Vortrag eingesprungen war, schilderte, wie aus dem Volkseigenen Betrieb BBG mit 4100 Beschäftigten bis 1998 noch rund 90 Mitarbeiter übriggeblieben waren. Mit denen begann Amazone, nachdem eine frühere Privatisierung von BBG mit einem anderen Partner gescheitert war, den Aufbau einer neuen Produktionsstätte an der Rippachtalstraße in Leipzig. Viele Menschen aus Kitzen und Umgebung kennen das Gelände, an dem sie bei Fahrten nach Leipzig vorbeikommen. Der Investition von rund 65 Millionen Euro lässt Amazone derzeit laut Vogler noch einmal 12 Millionen Euro folgen, um das traditionsreiche Leipziger Werk mit mittlerweile fast 500 Beschäftigten weiter auszubauen.

Die Amazonenwerke wurden nur zwei Jahrzehnte nach Sacks Landmaschinenbau gegründet. Mit der Übernahme haben sich zwei geschichtsträchtige Unternehmen zusammengefunden. Die Sacksche Fabrik war immerhin in den 1930er Jahren der größte Pflug- und Drillmaschinenhersteller der Welt.
Ein kurzer Film, der allerdings schon zehn Jahre zuvor gedreht worden ist, veranschaulichte die Entwicklung der beiden Landmaschinenunternehmen bis hin zum gemeinsamen Weg. Die Amazonenwerke werden in der vierten Generation von der Familie Dreyer geführt. Da bleibt offenbar Geschichtsbewusstsein bewahrt, den neben dem Firmennamen Amazone ist beim Leipziger Werk der Name BBG erhalten geblieben, wie man den Firmen- und Bauschildern am Betriebsgelände in der Rippachtalstraße entnehmen kann.
Für die gut 50 Besucher des Vortrags im Kulturhaus Kitzen waren die 60 Minuten ein kurzweiliger Ausflug in die hiesige Geschichte des Landmaschinenbaus. Auch wenn sich mancher womöglich etwas mehr über die Geschichte von Rudolph Sack und seiner Nachkommen gewünscht hätte. Dass Inhalte dazu recht knapp ausfielen, war sicher auch dem Wechsel des Referenten geschuldet. Vogler hatte seinen Vortrag mehr auf BBG ausgelegt. Sein Leben bei und mit BBG bis zu seiner Pensionierung hat er in seinem Buch „Die BBG, mein Leben“ niedergeschrieben.

Allerdings gab und gibt es verschiedene Aktivitäten, die Erinnerung an Rudolph Sack zu pflegen. In Löben gibt es seit dem September vorigen Jahres einen Gedenkstein für den Erfinder und Unternehmer. In der VDI-Garage an der Leipziger Karl-Heine-Straße, die sich in einem 1912 erbauten Gebäude der Sackschen Fabrik befindet, wird das Andenken von Rudolph Sack gepflegt. Seit 2018 steht dort auch eine 1906 von Adolf Lehnert gestaltete Büste. Seit Dezember 2000 gibt es wieder einen Rudolph-Sack-Straße in Leipzig. Die Fröbelstraße wurde damals umbenannt. Die Erinnerung an den Pädagogen Friedrich Wilhelm August Fröbel (1782 – 1852) ist mit einem Straßennamen im heute zu Leipzig gehörenden Wiederitzsch dennoch erhalten geblieben. Das frühere Anwesen der Familie Sack in Leipzig, das sich im Robert-Koch-Park befindet, rückt mittlerweile in den Fokus eines Vereins, der es erhalten möchte. Mehr dazu ist in einer Broschüre mit dem Titel „Ein Schloss in Grünau“ zu lesen, die der Kitzener Bodo Götze am Ende des Vortrags vorstellte. Unter anderem geht es den Initiatoren darum, den Robert-Koch-Park in Paul-Sack-Park umzubenennen. Der 1923 gestorbene Sohn von Rudolph Sack hatte seinerzeit den Park gestalten lassen.
