
Fast 60 Burgen, Schlösser und Herrenhäuser erfasst die Liste eben dieser Bauten im Landkreis Leipzig auf den Seiten der Web-Enzyklopädie Wikipedia. Darunter sind auch die Groitzscher Wiprechtsburg, von der nicht viel zu sehen ist, und die Burg Zwenkau, deren Nachfolgebauten immer wieder verändert wurden und als aktuelle Version besser als Rathaus bekannt ist. Das Schloss Kitzen findet sich dort nicht. Ist das als früherer Gemeinderatssitz und jetzt als Kulturhaus bekannte Gebäude daher kein Schloss? Folgt man der Erklärung, was ein Schloss ist, nämlich ein im Auftrag des Landesherrn oder anderer Mitglieder des Adels errichtetes Bauwerk, dann können die Kitzener getrost jedem sagen: Wir haben ein Schloss!

Die Liste jener Adliger, die in Kitzen ansässig waren, oder durch deren Hände das Gut und damit auch das Schloss gegangen ist, ist lang. Bei einem Rundgang durch das Bauwerk und den angrenzenden Gutspark hat Carsten Iwan an einem der vom Förderverein für die Kirche Sankt Nikolai organisierten Kitzener Kultursonntage anschaulich erklärt, wie alles zusammenhängt. Auf zwei großen Schautafeln vor dem Schloss ist das auch noch einmal zusammengefasst. Zudem geben Plakate an der Remise daneben Auskunft über die in Kitzen ansässigen Adelsfamilien.
Bevor jedoch das heute sichtbare Herrenhaus beziehungsweise Schloss errichtet wurde, gab es eine lange Vorgeschichte. Wo es heute steht, befand sich einst eine slawische Fluchtburg, die man sich zwar nicht wie heute noch bekannte Burgen vorstellen darf, sondern ein System von Wällen und Gräben, mit denen sich die damaligen Bewohner vor mehr als 1000 Jahren vor Feinden schützen wollten. Carsten Iwan verweist auf die Aufzeichnungen der Pegauer Mönche, nach denen Wiprecht II. von Groitzsch 1073 in Zeitz Fridericus von Cutze erschlagen hat. Der ist der erste bekannte Gutsbesitzer von Kitzen gewesen, weshalb letztlich 1073 als urkundliche Ersterwähnung von Kitzen angenommen wird. Eine Siedlung muss es laut Carsten Iwan allerdings wenigstens seit dem Jahr 1009 gegeben haben. Zu diesem Zeitpunkt hatten die deutschen Franken das Land östlich der Saale bereits in Besitz genommen und es gab keine neuen Gründungen slawischen Ursprungs mehr. Doch der Ortsname Kitzen sei slawischen Ursprungs und bezeichne eine Burg am See.

Was wir heute als Gutspark kennen, das ist ein Teil des früheren Sees, der ursprünglich ein Sumpf gewesen sein soll. Erst mit der Aufschüttung eines Damms etwa im Verlauf der heutigen Leipziger Straße wurde das feuchte Gebiet zum See. Die Burganlage daran war laut Carsten Iwan eine Niederungsburg ohne feste Gebäude. In die Sicherheit der umgebenden Wälle konnten sich die slawischen Bauern bei feindlichen Angriffen flüchten. Zugleich soll es eine Kultstätte für die slawische Götting Cica beziehungsweise Ziza gewesen sein. Der ihr gewidmete Tempel wurde allerdings auf Weisung des Merseburger Bischofs Thietmar um 1009 zerstört. Die Burg selbst wurde ins fränkische Burgwart-System eingegliedert und zu einer kleinen Burg mit Vorburg und Motte (ein vorwiegend in Holzbauweise errichteter mittelalterlicher Burgtyp) ausgebaut. Und da hatte Fridericus von Cutze seinen Sitz.

Am Schloss und am Teich im Park konnte Carsten Iwan den mehr als 60 Teilnehmern des Rundgangs anschaulich die Dimension der einstigen Burg veranschaulichen. Von der Ausdehnung her könnte sie das heute bekannte Areal des 14.500 Quadratmeter großen Gutshofes und des 27.000 Quadratmeter großen Gutspark umfasst haben.
Nach dem Tod von Fridericus de Cutze kam die Burg in den Besitz Wiprechts von Groitzsch. Gottfried von Hohenlohe (um 1243), Markgraf Dietrich von Landsberg (um 1277), die Familien von Hacke (um 1300 und um 1586 sowie um 1700), die Familien von Dieskau (um1722), die Gräfin von Dankelmann (um 1821) und andere waren spätere Besitzer des Gutes. Der ursprüngliche Bau des Schlosses geht auf das 17. Jahrhundert zurück.


Eine enorme Summe bekommt der Verein in diesem Jahr auch wieder aus europäischen Förderprogrammen: Leader und EPLR. Leader steht für Liaison entre actions de développement de l’économie rurale (deutsch: Verbindung zwischen Aktionen zur Entwicklung der ländlichen Wirtschaft). EPLR ist das sächsische Entwicklungsprogramm für den ländlichen Raum, das wiederum auf dem Europäische Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums ELER fußt.
104.500 Euro können genutzt werden, um die elektrische Anlage in der Kirche zu erneuern, die wiederum Voraussetzung für die Installation der Sitzplatzheizung ist. Die neuen Leitungen dürfen nach den Vorgaben der Denkmalschützer nicht in den Wänden gelegt werden, sondern müssen in den Fußboden. Das ist der Grund, warum der im Moment aufgerissen ist. Zwar belaufen sich die Gesamtkosten dafür auf 110.000 Euro, so dass auch Eigenmittel eingesetzt werden müssen, die unter anderem aus Spenden zusammenkommen. Aber für den Verein ist es ein enormer Gewinn, dass das Vorhaben mit einer Quote von 95 Prozent gefördert wird.
Geld gibt es aber nicht allein für die Kirchensanierung, sondern in diesem Jahr auch für die kulturelle Arbeit des Fördervereins. „Wir haben im vorigen Jahr einen Antrag an die Kultur- und Umweltstiftung Leipziger Land der Sparkasse gestellt und daraus 5.000 Euro zur Verfügung gestellt bekommen“, sagt Ingrid Riedel. Das Geld soll genutzt werden, um die Voraussetzungen für Veranstaltungen zu verbessern. Es dient unter anderem der Anschaffung eines E-Pianos. Gekauft werden soll aber auch ein Faltpavillon für die Open-Air-Veranstaltungen. Bisher wurden solche Dinge ausgeliehen. Um vor allem Chören bessere Auftrittsmöglichkeiten zu geben, will der Förderverein für die Kirche noch ein Stufenpodest erwerben. „Von der Sparkassenstiftung haben wir das Signal bekommen, für 2020 erneut einen Fördermittelantrag zu stellen. Das werden wir natürlich aufgreifen“, sagt Ingrid Riedel.
















