Die Orgel im Kofferraum

Hans Christoph Becker-Foss an der Truhenorgel, Gotthold Schwarz (Gesang)

Es wird noch eine Weile dauern, ehe die 110 Jahre alte Orgel von der Hand des Zörbiger Orgelbaumeisters Wilhelm Rühlmann wieder in der Kirche Sankt Nikolai Kitzen erklingen kann. Einerseits muss die Turmsanierung abgeschlossen sein, andererseits die im Moment ausgelagerte Orgel wieder in Takt gebracht werden. Dafür wird derzeit von der Kirchgemeinde Geld gesammelt, unter anderem mit einem schön organisierten Spendenlauf am 18. Mai. 

Doch auf Orgelklänge muss deshalb nicht zwangsläufig verzichtet werden, wie ein abendliches Konzert am 13. Mai bewies, das vom Organisten Hans Christoph Becker-Foss und vom Sänger Gotthold Schwarz bestritten wurde. Beide haben sich vor allem der Musik des Barock verschrieben. Becker-Foss, der in Hameln zu Hause ist, packte sein zweiteiliges Instrument, eine Truhenorgel, in seinen Kombi und brachte sie mit. Nach dem Motto „vier Mann, vier Ecken“ wurde die Orgel in die Kirche gebracht und aufgestellt. Egal ob als Begleitung für den Gesang von Schwarz oder bei Solostücken, Becker-Foss erfüllte nach Jahren wieder einmal die Kirche mit Orgelklang.

Hans Christoph Becker-Foss

Wäre es nicht einfacher, anstatt des schätzungsweise 100 Kilogramm schweren und zudem für einen Autotransport recht sperrigen Instruments, ein elektronisches Keyboard zu verwenden? Keinesfalls, meinte der Organist entrüstet, er wolle einen natürlichen Klang bieten und keinen synthetischen. Und wenn man es recht überlegt, kommt man auch als Laie zu dem Schluss, dass der Klang von echten Orgelpfeifen hervorragend zum Bariton von Schwarz passte.

Gotthold Schwarz

Schwarz und Becker-Foss hatten ihr Konzert unter das Thema „Dona nobis pacem“ – Gib uns Frieden gestellt, und begannen mit Musik von einem der berühmtesten Barock-Komponisten, der alljährlich unter anderem gar nicht weit von hier in Weißenfels geehrt und gefeiert wird: Heinrich Schütz (1585 – 1672). Der in Köstritz geborene Musiker wirkte unter anderem am Dresdner und am Kopenhagener Hof und verbrachte seine späten Jahre als bis zuletzt produktiver Komponist in Weißenfels. Sein einstiges Wohnhaus dort ist heute ein Museum und Weißenfels einer der Veranstaltungsorte des jährlichen Heinrich-Schütz-Musikfestes, dessen nächste Auflage vom 6. bis 15. Oktober 2023 stattfindet (www.schuetz-musikfest.de).

Es folgten barocke Lieder unter anderem von Nicolaus Hasse (1617 – 1672), Johann Hermann Schein (1586 – 1630), Joachim Neander (1650 – 1680), Sebastian de Brossard (1644 – 1730), Georg Philipp Telemann (1681 – 1767). Den Abschluss fand das Konzert mit einer Pasticcio (Zusammenstellung) aus zwei Kantaten von Johann Sebastian Bach (1685 – 1750) aus dem Jahre 1726, wunderbar gesungen von einem seiner Nachfolger in der Funktion des Leipziger Thomaskantors, eben Gotthold Schwarz.