Das I-Tüpfelchen

Eins der Zifferblätter für die neue Turmuhr wird für den Transport nach oben schützend eingepackt.

Noch steht das Gerüst am Kirchturm. Aber im Dezember wird es abgebaut und dann ist aus drei Richtungen die neue Turmuhr zu sehen. 1,34 Meter mal 1,34 Meter messen die drei neuen Zifferblätter, die – wie auch schon früher – nach Norden, Süden und Osten zeigen und weithin sichtbar die Uhrzeit kundtun werden. Am Freitag (22. November) wurden sie zusammen mit dem neuen elektrischen Uhrwerk im Kirchturm installiert. Noch in der Woche vor dem 1. Advent wird sich allerdings Turmuhren-Techniker Mike Scholze ein weiteres Mal auf den Turm begeben müssen, um an den Zifferblättern Stunden- und Minutenzeiger anzubringen und dann die Uhr einzuschalten. Damit bekommt die Sanierung der Kirche das I-Tüpfelchen aufgesetzt. Die mehr als ein Jahrzehnt andauernde bauliche Erneuerung des 800 Jahren alten denkmalgeschützten Bauwerks endet. Der Förderverein der Kirche Sankt Nikolai hatte dies initiiert und organisiert.

So rundum komplett wird die Sache voraussichtlich im kommenden Jahr, wenn die mehr als 100 Jahre alte Orgel wieder eingebaut werden kann, die derzeit in Verantwortung der Kirchgemeinde restauriert wird.

Vorbereitungsarbeiten für die Installation der Zifferblätter: Mike Scholze (knieend) und Bodo Götze.

Begleitet war die Erneuerung der Kirche von einem schier endlosen Kampf ums Geld, das über Spenden und Fördermittel aufgebracht werden musste. Ingrid Riedel, die Vorsitzende des Fördervereins, und ihr Mann Siegwald Bilesch können davon ein Lied singen. Schlussendlich trieb Ingrid Riedel auch noch 10.000 Euro Fördergeld von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz speziell für die Uhr auf. Der Verein brachte weitere 5000 Euro auf, so dass die neue Turmuhr finanziert werden konnte.

Mit dem Turmuhrentechniker Mike Scholze aus Klinga, einem Ortsteil der Gemeinde Parthenstein im Landkreis Leipzig, hat der Verein einen renommierten Fachmann gewinnen können. Er zeichnet unter anderen für die neue Rathausuhr in Großenhain verantwortlich und wartet regelmäßig eine der bekanntesten Uhren von Leipzig. Regelmäßig steigt er aufs Kroch-Hochhaus am Leipziger Augustusplatz hinauf, um das dortiger Uhrwerk instand zu halten, das die beiden Glockenmänner antreibt.

Mike Scholze und Ines Gärtner präsentieren eins der neuen Zifferblätter, die in der Werkstatt von Mike Scholze angefertigt wurden. Foto: Bodo Götze

Ganz so hoch hinaus musste Mike Scholze an besagtem Freitag zwar nicht, aber „es war schon eine ziemliche Höhe, die wir bewältigen mussten“, sagte er am Freitagabend nach getaner Arbeit. Zu den Herausforderungen gehörte, die drei Zifferblätter nach oben zu bringen. Mit einer Seilwinde wurden sie vorsichtig im schmalen Zwischenraum zwischen Mauerwerk und Gerüst emporgezogen. „Zum Glück gab es helfende Hände vom Verein, sonst wäre das unmöglich gewesen“, sagte der Uhrenfachmann. Werner Reutter, Gerd Wippert, Bodo Götze, Bernd Oettel und Siegwald Bilesch waren bei Temperaturen um die null Grad und kaltem Wind zur Stelle, um mit Hand anzulegen. Zur Unterstützung von Scholze war an diesem Tag auch seine Frau Ines Gärtner mitgekommen. Ihr Metier sind eigentlich mehr die Armband- und die Wanduhren, für die sie in Naunhof ein Geschäft betreibt. „Aber da ich ein Ein-Mann-Betrieb bin, hilft sie mir bei solchen Aufträgen wie dem an der Kirche in Kitzen“, erklärte Mike Scholze.

Scholze ist seit zehn Jahren selbstständiger Mechaniker für Turmuhren. „Ich habe den Betrieb 2014 von meinem Schwiegervater übernommen, der mich zuvor auch ausgebildet hat.“ Die neue Turmuhr in Kitzen verfügt über ein elektrisches Uhrwerk, das von einem Funksignal gesteuert wird. Das ist deutlich wartungsärmer als ein mechanisches Werk und laut dem Fachmann auch sehr präzise bei der Zeitanzeige. Er hat übrigens nicht nur die Uhr installiert, sondern die neuen Zifferblätter aus Stahl, Aluminium und Lack sind von ihm angefertigt worden. Wenn voraussichtlich pünktlich zum 1. Advent die Uhr „tickt“, ist Scholzes Arbeit für Kitzen noch nicht gänzlich getan. Er arbeitet noch das alte mechanische Uhrwerk und eins der alten Zifferblätter auf. Sie sollen nach den Worten von Ingrid Riedel als Museumsstücke einen Platz im Turm finden, wo sie zum Beispiel am Tag des offenen Denkmals besichtigt werden können. „Wir wollen zeigen, wie solche Uhrwerke aussehen und wie sie funktioniert haben“, erklärte Riedel.

Gerd Wippert, Bodo Götze und Werner Reutter platzieren das Zifferblatt im schmalen Zwischenraum zwischen Mauerwerk und Gerüst, damit es vorsichtig empor gezogen werden kann.