Am 14. September 2025 hatte der Förderverein der Kirche Sankt Nikolai Kitzen nicht zum ersten Mal anlässlich eines Tages des offenen Denkmals Besucher in die Kirche eingeladen. Dennoch war es in diesem Jahr ein besonderes Ereignis. Es war der erste Tag des offenen Denkmals nach Beendigung der baulichen Sanierung und dem Wiedereinbau der mehr als 100 Jahre alten und nun erneuerten Rühlmann-Orgel.

Dementsprechend hatten sich die Organisatoren auch etwas Besonderes einfallen lassen. Neben dem traditionellen Konzert zu dem Tag und einer öffentlichen Führung gab es eine ökumenische Vesper. Geleitet wurde sie vom evangelischen Pfarrer Hans Schmidt aus Kitzen und vom katholischen Pfarrer Christoph Baumgartner aus Leipzig, der auch für Katholiken in Kitzen und Umgebung Seelsorger ist. Neben Gebet und Fürbitte und Gesang baten sie fünf mit der Kirche und ihrer Sanierung verbundene Menschen, sich zu erinnern.

An einem Tisch im Altarraum hatten dafür Ingrid Riedel und Siegwald Bielesch Platz genommen, die Initiatoren und Organisatoren der Sanierung; Restauratorin Birgit Mühler; Albrecht Kunzmann, der seit Kindheit mit der Kirche verbunden ist und jahrzehntelang Arzt in Kitzen war; und Claudia Lange vom Gemeindekirchenrat. Jedem von ihnen hatte Hans Schmidt einen „Denkzettel“ gegeben, sozusagen ein Stichwort, mit dessen Hilfe sich die fünf Frauen und Männer vor einem reichlich in die Kirche geströmten Publikum, Gläubige wie Nichtgläubige, erinnern sollten.

„Dank“ war das Stichwort für Albrecht Kunzmann. Von der Taufe an sei er mit der Kirche verbunden und habe viele schöne Erinnerungen. Unter anderem „erinnere ich mich gern an die Gelegenheit für uns Kinder, am Sonntag die Glocken zu läuten. Besonders an das Anhalten der Glocken, bei dem wir Kinder am Seil ein Stück in die Höhe gezogen wurden“. Umso schmerzlicher empfand er den Verfall des Hauses. Anfang der 1990er Jahre habe es bereits einmal den Versuch gegeben, mit einem Verein die Kirche zu retten. „Aber erst mit Ingrid und Siegwald war dem Erfolg beschieden. Dafür gilt ihnen ein großer Dank.“

„Vom Gedanken zur Tat“ hieß der Denkmal-Anstoß für Siegwald Bielesch. Der mittlerweile 88-Jährige erinnerte sich, wie er und seine Frau Ingrid Riedel 2005 angesprochen wurden, sich einmal die Kirche anzuschauen, und wie erschrocken sie waren, als sie den Zustand sahen. „Auf dem Nachhauseweg habe ich Ingrid gefragt, ob wir uns für die Sanierung einsetzen wollen. Sie hat ja gesagt. Aber wir wussten beide nicht, was da auf uns zukommen würde.“ Im Rückblick erinnere er sich an unglaublich viel Arbeit, auch Rückschläge, vor allem aber an Glücksgefühle.

„Portal“ stand auf dem Denkzettel für Birgit Mühler. Die Restauratorin ist eines Tages von Siegwald Bielesch angesprochen worden, dem sie vom Denkmalschutz empfohlen worden war. Die Frage war, ob sie sich der romanischen Eingangsportale annehmen würde. „Ja, das wollte ich, obwohl das Südportal, mit dem ich angefangen habe, schwer beschädigt war. Eine der Säulen war in solch schlechtem Zustand, dass selbst die Denkmalschützer sagte, ich solle sie austauschen.“ Aber sie sei ehrgeizig genug gewesen, um alles erhalten zu wollen. Das sei schließlich gelungen. „Die Arbeit war Herausforderung und Freude.“
„Begeisterung und Stolz“ waren die Gedankengeber für Ingrid Riedel. Nach 15 Jahren Sanierung gebe es viele Augenblicke, an die sie sich gern erinnere. Besonders einer stehe sinnbildlich für gemeinsam Geleistetes. „Als 2014/15 die Fenster der Kirche saniert wurden, sagte der Fensterbauer, dass er vor dem Wiedereinbau jemanden brauche, der die Scheiben putze. Ich habe im Frauenkreis nachgefragt, viele waren gern mit dabei. Im Kulturhaus wurden die Scheiben geputzt. Nachdem sie eingebaut waren, habe wir uns das Ergebnis gemeinsam angeschaut. Alle waren begeistert. Jede der Frauen betrachte das Werk, wusste noch, welche Scheiben sie geputzt hatte und war stolz darauf.“

„Überraschung“ hieß das Stichwort für Claudia Lange. „Ingrid rief mich eines Tages an, dass wegen der Sanierung die Orgel ausgebaut werden müsse.“ Und das möglichst schnell. Sie habe den Orgelbauer angerufen, der hatte Zeit für den Ausbau. Mit Hilfe von Spenden und Fördermitteln, um die man sich gemeinsam bemüht hatte, sei genügend Geld für die Restaurierung der Orgel zusammengekommen. Nun erklinge das Instrument wieder – das sei Überraschung und Freude zugleich.
Die neue alte Orgel erklang, gespielt von Stefan Altner, an dem Tag gleich mehrfach. Einmal während der nachmittäglichen Vesper, dann noch einmal im Rahmen des frühabendlichen Bläserkonzerts. Hatte Altner die Besucher der Vesper mit der Orgelinterpretation des Halleluja von Georg Friedrich Händel verabschiedet, begrüßte er sie wenig später mit „Jesus bleibet meine Freude“ von Johann Sebastian Bach erneut in der Kirche. Rund 150 Gäste lauschten dem Orgelspiel, dem gemeinsamen Auftritt von Orgel und Bläsern und schließlich dem kraftvollen Spiel des SalonQuartetts „Stadtpfeifer“ mit Karl Heinz Georgi, Ingolf Barchmann, Dirk Lehmann und Sebastian Ude. Dem klassischen Teil ließen sie eine Reihe modernerer Stücke folgen: Yesterday von den Beatles, We are the Champions von Queen, Is she lovly von Stevie Wonder, In the Mood von Glenn Miller und vieles mehr.

Schließich saßen Musiker, Vereinsmitglieder und Konzertbesucher noch bis in die Dunkelheit bei Wein und anderen Getränken im Pfarrhof zusammen, sichtlich bewegt und beglückt vom Konzert und den Erinnerungen an eine anstrengende Zeit, ehe die Kirche jetzt wieder komplett saniert genutzt werden kann – als kulturelle Begegnungsstätte und Gotteshaus. Für die Veranstaltungen am Tag des offenen Denkmals musste kein Eintritt gezahlt werden, aber die Pfarrer Schmidt und Baumgartner baten sozusagen als Kollekte um Spenden für die Kirche. „Wir sind zwar fertig mit der Sanierung, aber jetzt muss das Gebäude auch erhalten werden. Das wird erneut Zeit, Arbeit und Geld kosten“, sagte Fördervereinsvorsitzende Ingrid Riedel.
