Standhaft/Daßler zum Dritten

Tino Standhaft (l.) und Norman Daßler waren bereits zum dritten Mal für ein Konzert in Kitzen.

Nach 2017 und 2019 waren sie wieder da. Tino Standhaft und Norman Daßler kam dabei ein Privileg zu. Der Auftritt der beiden Rockmusiker aus Leipzig war das erste Konzert nach dem Abschluss der Sanierung in der Kirche Sankt Nikolai Kitzen. Der hätte früher sein sollen, aber die Corona-Pandemie verhinderte bislang in diesem Jahr Veranstaltungen in der Kirche. Daher sollte der Auftritt von Standhaft/Daßler am 26. September eigentlich unter freiem Himmel im Pfarrhof stattfinden. Ein entsprechendes Hygienekonzept war von der zuständigen Behörde genehmigt worden. Doch der Dauerregen machte ein Konzert im Freien unmöglich. Kurzfristig wurde in die Kirche umgezogen, ebenfalls unter strengen Hygieneregeln. Nur Besucher aus einem Haushalt durften beisammensitzen, ansonsten wurden die Zuschauer und -hörer weit auseinandergesetzt. Das Hinein und Hinaus in und aus der Kirche wurde über getrennte Türen an der Süd- und an der Nordseite geregelt. Getränke und Speisen durften nicht mit hineingenommen werden. „Maske auf!“ hieß das Motto.

Letzteres galt nicht für Standhaft/Daßler – die sollten schließlich spielen und singen. Und das taten sie in bekannt wunderbarer Manier. Im Teil des Abends holten sie Rock- und Bluessongs unterschiedlichster Musiker der 1970er Jahre hervor. So schallte Eric Claptons „Cocain“ ebenso durch die Kirche wie „Keep on Running“ von der Spencer Davis Group, „Can´t find my Way home“ von Blind Faith erklang und „Locomotiv Breath“ von Jethro Tull. Um besonders gut gerüstet zu sein für „Circle oft the world“ von Ritchie Blackmore, stimmte Standhaft extra noch einmal seine Gitarre. „Das Lied ist so schön, dafür muss alles stimmen“, meinte Standhaft lachend.

Im zweiten Teil des Abends gab es dann, wofür Standhaft/Daßler besonders gern in die Saiten greifen und die Stimmen nicht schonen. Eine Stunde lang holten sie Neil Young in den Raum. „On the beach“ fehlte ebenso wenig wie „Heart of gold“ oder „Comes a time“, „Old man“ oder „The needle and the damage done“ und „Words“. Standhaft setzte bei einigen der Songs noch die Mundharmonika ein. Alles einfach fantastisch anzuhören.

Natürlich wollten die Besucher die beiden Rocker nicht ohne Zugabe ziehen lassen. Die gabs dann dreifach, unter anderem mit „Rockin´ in a free world“. Einer von jenen Titeln, wie Standhaft anmerkte, die US-Präsident Donald Trump ohne zu fragen bei seinen Wahlkampfveranstaltungen nutzte, wofür ihn Neil Young mittlerweile verklagt hat.

In Sankt Nikolai hatte niemand Grund zur Klage, als sich die Konzertbesucher nach gut zwei Stunden Rockgeschichte zutiefst zufrieden auf den Heimweg machten. Der eine oder andere sicher mit dem Gedanken, auch ein viertes Mal für die zwei Rocker in oder an die Kirche zu kommen.

Nach einem Abend, bei dem die beiden Musiker auch optisch in bestes Licht gesetzt wurden. Hier noch ein paar Bildimpressionen des Abends:

Kennen Sie Ihre Vorfahren?

Mag sein, dass es den einen oder anderen nicht so sehr beschäftigt. Aber viele Menschen wollen wissen, von wem sie abstammen, woher ihre Vorfahren gekommen sind. Carsten Iwan beschäftigt sich seit einigen Jahren damit. An einem Februarsonntag 2020 stand er nun mit Computer, Beamer und seinem Wissen im Saal des Schlosses Kitzen, um Interessierten ein paar Tipps zu geben, wie sie es anfangen können, einen Stammbaum zu erstellen.

Carsten Iwan bei seinem Vortrag zur Familienforschung.

Die einfachste Methode, um ein Stück in die Vergangenheit vorzudringen, ist: „Fragen Sie Ihre Eltern und Großeltern, was sie von ihren Eltern und Großeltern wissen“, sagte Carsten Iwan. Damit gab er auch gleich den Fingerzeig, den Beginn dieser Art der Forschung nicht auf jene Zeit zu verschieben, wenn man persönliche im Ruhestand ist und vermeintlich Zeit hat. „Dann könnte es für die eine oder andere Befragung schon zu spät sein“, so Iwan. Allerdings wird da schon klar, sehr weit kann man in die Vergangenheit nicht vordringen, es sei denn, die Eltern oder Großeltern und mit einer Portion Glück die Urgroßeltern verfügen über Aufzeichnungen davorliegender Zeiten. Möglicherweise gibt es Familien- beziehungsweise Familienstammbücher, die in Deutschland um 1875 eingeführt worden sind. Oft sind die allerdings in Zeiten der Wirren des Zweiten Weltkriegs abhandengekommen. Und persönlich aufgezeichnet haben die wenigsten Familien ihre Ahnentafeln.

Die nächstliegenden Quellen sind dann Standesämter – die wurden ebenfalls erst in den 1870er Jahren eingeführt – und Kirchenbücher. Letztere gibt es in Deutschland flächendeckend seit dem 16./17. Jahrhundert. Damit werden die Grenzen der Ahnenforschung sichtbar. Aber immerhin könnte man mit Glück und Ausdauer ein knappes halbes Jahrtausend in die Vergangenheit seiner Familie zurückreisen.

Nun stammen unsere Familie nicht zwingend über mehrere Generationen aus der unmittelbaren Region. Die Siedlungspolitik deutscher Königreiche hat im 18. und 19. Jahrhundert zu manch kleiner Völkerwanderung geführt, die sich vor allem in Richtung Ost- und Südosteuropa entwickelte. Und umgekehrt gab es im 20. Jahrhundert in der Folge zweier Weltkriege, aber auch der gesellschaftlichen Veränderungen zum Beispiel in der Sowjetunion enorme Bevölkerungsbewegungen. Unter den Bedingungen Dokumente über die Familienherkunft zu erlangen, ist meist deutlich schwieriger, als sich in die nächsten Stadesamt- oder Kirchenarchive zu begeben. Aber Carsten Iwan hat es ausprobiert und ist in Sachen Familienforschung auch außerhalb der Staatsgrenzen fündig geworden, wie er sagte.

Im heutigen intermedialen Zeitalter gibt es zudem zeitsparende Zugriffsmöglichkeiten. In den letzten Jahren sind verschiedene Programme entwickelt worden. Die Links zu einigen Beispielen:

https://www.daubnet.com/de/produkte

https://www.familysearch.org/de/

https://www.ancestry.de/

Es gibt noch viele mehr. Wobei klar sein muss, dass es nicht auf Anhieb in die tatsächliche Familiengeschichte führt und bei der Nutzung verschiedenster Programme entstehen Kosten für die entsprechenden Lizenzen.

Das trifft durchaus auch zu, wenn man sich an Archive wendet, egal ob persönlich, telefonisch oder online. Auch hier ein paar Beispiele:

https://www.archiv.sachsen.de/

https://www.archion.de/de/

https://landesarchiv.sachsen-anhalt.de/startseite/

Wer sich zu seinen Wurzeln vortasten will, wird in jedem Falle viel Geduld und Ausdauer haben und einige Euro in die Hand nehmen müssen, wie Carsten Iwan deutlich machte. Allerdings, der persönliche Lohn ist nicht schlecht und vielleicht danken es einem auch noch Enkel, Ur- oder Ur-ur-Enkel. Vorausgesetzt, das Interesse an der Vergangenheit lässt auch in den nachfolgenden und zukünftigen Generationen nicht nach.

Standhaft/Dassler begeistern

Das Rocker-Urgestein Tino Standhaft hat einmal mehr in diesem Sommer die Besucher der Konzerte des Fördervereins verzaubert und begeistert. In die beginnende Dämmerung über der Terrasse des Schlosses Kitzen hinein ließ er mit seinem kongenialen Gitarrenpartner Norman Dassler einen Rocktitel nach dem anderen erklingen. Vor allem die Songs von Neil Young sorgten im ersten Teil des Abends für Beifallsstürme der Zuhörer, die sich an dem lauen Sommerabend vor der Terrasse eingefunden hatten. Übrigens, wer es verpasst hat oder davon nicht genug bekommen kann, der wird sich freuen. Standhaft/Dassler kommen im nächsten Jahr wieder nach Kitzen. Hier ein paar Bildimpressionen von dem Konzertabend:

Tino Standhaft
Norman Dassler

Cat Stevens in Kitzen

Auch wenn er (logisch!) nicht persönlich da war, Cat Stevens Musik war präsent wie noch nie bei einem Konzert, das der Förderverein für die Kirche Sankt Nikolai Kitzen veranstaltet hat.

Kerstin Wenzel-Brückner und Wolfang Brückner rezitierten und sangen beim Konzert in Kitzen.

Der Chemnitzer Wolfgang Brückner entpuppte sich als ein Fan des fast 71-jährigen britischen Sängers, der 1977 zum Islam konvertierte und seither den Künstlernamen Yusuf führt, und interpretierte gleich mehrere der Cat Stevens/Yusuf-Titel. Und er machte er richtig gut bei „Father and Son“, „The Wind“, „Where do the children play“ oder „Peace Train“, um einige Beispiele zu nennen. Neben der Musik sind es vor allem auch die Texte, die zu hören sich lohnt. Cat Stevens, der mit mancher Meinung seit seinem Übertritt zum Islam durchaus in der Kritik steht, hat etwas zu sagen, berührt die Zuhörer. Das gelang bei dem Konzert umso mehr, weil Kerstin Wenzel-Brückner einige der Songtexte als lyrische Beiträge in deutscher Übersetzung vortrug. So ergänzten sich Gesang und Rezitation.

Kerstin Wenzel-Brückner rezitiert.

Aber Kerstin Wenzel-Brückner verstand sich nicht allein als Übersetzerin von Liedtexten. Auch mit einer Reihe anderer Rezitationen ließ sie das Publikum im Kitzener Schloss aufmerksam lauschen und holte sich verdienten Beifall. Beispielsweise mit der Ringparabel aus Lessings „Nathan, der Weise“, oder mit Brechts Gedicht „An die Nachgeborenen“ oder mit Auszügen aus den köstlichen Tagebüchern von Adam und Eva, die Mark Twain vor mehr als 100 Jahren so trefflich aufgeschrieben hat und die mit einer großartigen Liebeserklärung enden:  Adam (auf Evas Grab): „Wo immer sie war, da war Eden“.

Wolfgang Brückner sang mit Hingabe.

Wolfgang Brückner zeigte sich aber nicht allein als Cat-Stevens-Interpret, sondern ebenso machte er aus seiner Verehrung für John Lennon beziehungsweise The Beatles keinen Hehl mit unsterblichen Titeln wie „All you need ist Love“, „Imagin“ oder „Across The Universe“. Wen sollte es auch wundern, heißt doch das nunmehr aktuelle Programm „Imagine – John Lennon meets Cat Stevens“ (Stell dir vor – John Lennon trifft Cat Stevens). In Kitzen waren Brückners mit ihrer etwas breiteren Aufstellung zu Gast. Da erklang denn auch noch Eric Claptons Sound mit „Promises“ oder Ozzy Osbourns „Dreamer“. Und Brückner griff als Kenner der Ost-Rock-Seele auch auf DDR-Rocklegenden zurück bei „Als ich fortging“ von Karussell und „Am Abend mancher Tage“ von Lift, was übrigens auch dem Programm den Namen und Kerstin Wenzel-Brückner wiederkehrend  den Einstieg in ihre Lyrikbeiträge gab. Musik wie Rezitationen – Brückners haben das gut gemischt. Das kann man sich jederzeit wieder einmal anhören. Mehr zum Duo Wolke-X

Schöne Bildmotive rahmten das Programm.

Kulturhaus – oder doch ein Schloss

Vortrag im Gutspark. Im Hintergrund das Gutshaus, das eigetlich ein Schloss ist.

Fast 60 Burgen, Schlösser und Herrenhäuser erfasst die Liste eben dieser Bauten im Landkreis Leipzig auf den Seiten der Web-Enzyklopädie Wikipedia. Darunter sind auch die Groitzscher Wiprechtsburg, von der nicht viel zu sehen ist, und die Burg Zwenkau, deren Nachfolgebauten immer wieder verändert wurden und als aktuelle Version besser als Rathaus bekannt ist. Das Schloss Kitzen findet sich dort nicht. Ist das als früherer Gemeinderatssitz und jetzt als Kulturhaus bekannte Gebäude daher kein Schloss? Folgt man der Erklärung, was ein Schloss ist, nämlich ein im Auftrag des Landesherrn oder anderer Mitglieder des Adels errichtetes Bauwerk, dann können die Kitzener getrost jedem sagen: Wir haben ein Schloss!

Die Galerie der Besitzer des Ritterguts Kitzen.

Die Liste jener Adliger, die in Kitzen ansässig waren, oder durch deren Hände das Gut und damit auch das Schloss gegangen ist, ist lang. Bei einem Rundgang durch das Bauwerk und den angrenzenden Gutspark hat Carsten Iwan an einem der vom Förderverein für die Kirche Sankt Nikolai organisierten Kitzener Kultursonntage anschaulich erklärt, wie alles zusammenhängt. Auf zwei großen Schautafeln vor dem Schloss ist das auch noch einmal zusammengefasst. Zudem geben Plakate an der Remise daneben Auskunft über die in Kitzen ansässigen Adelsfamilien.

Bevor jedoch das heute sichtbare Herrenhaus beziehungsweise Schloss errichtet wurde, gab es eine lange Vorgeschichte. Wo es heute steht, befand sich einst eine slawische Fluchtburg, die man sich zwar nicht wie heute noch bekannte Burgen vorstellen darf, sondern ein System von Wällen und Gräben, mit denen sich die damaligen Bewohner vor mehr als 1000 Jahren vor Feinden schützen wollten. Carsten Iwan verweist auf die Aufzeichnungen der Pegauer Mönche, nach denen Wiprecht II. von Groitzsch 1073 in Zeitz Fridericus von Cutze erschlagen hat. Der ist der erste bekannte Gutsbesitzer von Kitzen gewesen, weshalb letztlich 1073 als urkundliche Ersterwähnung von Kitzen angenommen wird. Eine Siedlung muss es laut Carsten Iwan allerdings wenigstens seit dem Jahr 1009 gegeben haben. Zu diesem Zeitpunkt hatten die deutschen Franken das Land östlich der Saale bereits in Besitz genommen und es gab keine neuen Gründungen slawischen Ursprungs mehr. Doch der Ortsname Kitzen sei slawischen Ursprungs und bezeichne eine Burg am See.

So soll die Burganlage im Grundriss ausgesehen haben. (Zeichung Carsten Iwan)

Was wir heute als Gutspark kennen, das ist ein Teil des früheren Sees, der ursprünglich ein Sumpf gewesen sein soll. Erst mit der Aufschüttung eines Damms etwa im Verlauf der heutigen Leipziger Straße wurde das feuchte Gebiet zum See. Die Burganlage daran war laut Carsten Iwan eine Niederungsburg ohne feste Gebäude. In die Sicherheit der umgebenden Wälle konnten sich die slawischen Bauern bei feindlichen Angriffen flüchten. Zugleich soll es eine Kultstätte für die slawische Götting Cica beziehungsweise Ziza gewesen sein. Der ihr gewidmete Tempel wurde allerdings auf Weisung des Merseburger Bischofs Thietmar um 1009 zerstört. Die Burg selbst wurde ins fränkische Burgwart-System eingegliedert und zu einer kleinen Burg mit Vorburg und Motte (ein vorwiegend in Holzbauweise errichteter mittelalterlicher Burgtyp) ausgebaut. Und da hatte Fridericus von Cutze seinen Sitz.

Vom einstigen See ist nicht mehr viel zu sehen. Carsten Iwan (r.) bei seine Vortrag am Teich im Gutspark.

Am Schloss und am Teich im Park konnte Carsten Iwan den mehr als 60 Teilnehmern des Rundgangs anschaulich die Dimension der einstigen Burg veranschaulichen. Von der Ausdehnung her könnte sie das heute bekannte Areal des 14.500 Quadratmeter großen Gutshofes und des 27.000 Quadratmeter großen Gutspark umfasst haben.

Nach dem Tod von Fridericus de Cutze kam die Burg in den Besitz Wiprechts von Groitzsch. Gottfried von Hohenlohe (um 1243), Markgraf Dietrich von Landsberg (um 1277), die Familien von Hacke (um 1300 und um 1586 sowie um 1700), die Familien von Dieskau (um1722), die Gräfin von Dankelmann (um 1821) und andere waren spätere Besitzer des Gutes. Der ursprüngliche Bau des Schlosses geht auf das 17. Jahrhundert zurück.