Bundesverdienstkreuz für Ingrid Riedel

Ingrid Riedel präsentiert ihre Auszeichnung.

Kitzen hat seit Sonnabend, dem 22. April 2023, eine Trägerin des Bundesverdienstkreuzes. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer überreichte die Auszeichnung im Namen des Bundespräsidenten an Dr. Ingrid Riedel. Damit wird das Engagement der Vorsitzenden des Fördervereins der Kirche Sankt Nikolai gebührend gewürdigt.

Ingrid Riedel, die mit ihrem Mann Siegwald Bilesch 1996 nach Kitzen gezogen ist, zeichnet nicht nur für die Sanierung der Kirche verantwortlich, sondern initiierte und initiiert parallel jedes Jahr ein Dutzend Kulturveranstaltungen und engagiert sich bei der Seniorenbetreuung sowie bei den Landfrauen.

Auch wenn Sie einigermaßen sprachlos war, als sie die Einladung zur Ehrung in der Dresdner Staatskanzlei erhielt – dass sie sich diese Auszeichnung redlich verdient hat, steht außer Frage. Ohne ihren Einsatz und den von Siegwald Bilesch stünde die Kirche heute vermutlich weder für Gottesdienste noch für die Vielzahl kultureller Veranstaltung zur Verfügung.

Nach der Auszeichnung in der sächsischen Staatskanzlei: Ingrid Riedel (3.v.l.) und Siegewald Bilesch (2.v.l.) im Kreise von Familienmitgliedern sowie Ministerpräsident Michael Kretschmer (4.v.l.) und Pegaus Bürgermeister Frank Rösel (4.v.r.). Foto: Privat

„Nachdem wir in Kitzen gebaut hatten und eingezogen waren, stand für uns fest, dass wir uns im Ort ehrenamtlich einbringen wollen, wenn wir mal weniger Arbeit haben“, erinnert sich Ingrid Riedel. Einen konkreten Zeitpunkt dafür hatte sie damals aber noch nicht ins Auge gefasst. Der sollte schneller kommen als gedacht, noch bevor sie und ihr Mann wirklich weniger Arbeit im Beruf hatten. „Wir waren 2007 in der Kirche und ziemlich erschrocken und entsetzt über den damaligen baulichen Zustand. Da wir noch kein Projekt für unser geplantes Ehrenamt hatten, entstand die Idee, dass wir uns der Kirche annehmen könnten“, erzählt Ingrid Riedel.

Das war genau zu dem Zeitpunkt, als seitens des Bauordnungsamtes eine Begehung der Kirche geplant war, die mit Sicherheit zu einer Schließung des Gotteshauses wegen Baufälligkeit geführt hätte. „Wir wurden von der Kirchgemeinde gebeten, an der Begehung teilzunehmen und haben das auch getan.“ Die Absicht des Ehepaars, sich der Kirche anzunehmen, verhinderte die Schließung.

Es sollten aber noch einmal drei Jahre vergehen, ehe mit der Sanierung begonnen werden konnte. „Wir hatten ja mit einem solchen Projekt keinerlei Erfahrung.“ Nach und nach gab es jede Menge Erkenntnisgewinne: dass man einen Verein braucht; wie man an Spenden kommt; dass Eigenkapital benötigt wird und wie das zusammenkommen kann (unter anderem aus Einnahmen aus Kulturveranstaltungen und privaten Spenden). Eine der größten Hürden war seinerzeit, dass der Verein aus Sicht des Freistaates Sachsen, der die damals eigentümerlose Kirche in seinem Bestand führte, nicht der neue Eigentümer werden konnte. Aber ohne den Besitz der Kirche, war es aussichtslos Fördermittel zu bekommen. Die rettende Idee war die Gründung einer Stiftung, für die der Verein als Treuhänder fungieren konnte.

Nun, 13 Jahre später, präsentiert sich die Kirche in einem ausgezeichneten Zustand. Und die Sanierung des Turms als Abschluss des Gesamtvorhabens hat begonnen. Die Kirche dient wieder ihrem eigentlichen Zweck und als Ort vieler kultureller Veranstaltung. Damit ist sie zu einer Begegnungsstätte im Ort geworden, in der Menschen aus Kitzen und der Umgebung zusammenkommen, unabhängig davon, ob sie gläubig sind oder nicht.

Allerdings hat auch die Sanierung dazu beigetragen, dass viele Menschen näher zusammengerückt sind. Einerseits ist das der „harte Kern“ im Verein und seinem unmittelbaren Umfeld. Rund 100 Frauen und Männer sind regelmäßig dabei und unterstützen sowohl die Sanierungsarbeiten als auch die Gestaltung der Kultursonntage (oder auch -sonnabende). Die Zahl derjenigen, die entweder direkt mit ihren Spenden und Zustiftungen oder als Besucher der Veranstaltungen mit ihrem Ticketkauf indirekt die Sanierung unterstützen, muss man mittlerweile nach ein paar Tausend rechnen. Auch das ist ein Erfolg, den sich Ingrid Riedel auf die Fahne schreiben kann.

Von Petuschki nach Kitzen oder wie

Gut 50 Besucher kam auf die Kulturhausterrasse

Von Moskau nach Kitzen oder von Kitzen nach Petuschki oder wo sind wir oder wohin fahren wir. Manch einem der gut 50 Besucher des Sommertheaters auf der Terrasse des Kitzener Kulturhauses am 23. Juli schwirrte wohl der Kopf. Schließlich war sich selbst der Hauptakteur nicht klar, wo er sich befand. Der Schauspieler Kay Liemann aus Leipzig kam mit dem Ein-Personen-Stück „Die Reise nach Petuschki“ nach Kitzen. Was heißt aber Ein-Personen-Stück. Er hatte Unterstützung, musikalische Begleitung von Philipp Rücker, der Klarinette, Saxophon und Flöte mitgebracht hatte und auch ein schauspielerisches Kabinettstück in der Rolle eines trunken Schaffners ablieferte, der die Strafe für nicht vorhandene Fahrkarten in Gramm Alkohol kassierte.

Kay Liemann alias Wenja Jerofejew

Wenedikt „Wenja“ Jerofejew will vom Kursker Bahnhof in Moskau zu seiner Geliebten ins zwei Zugstunden entfernte Petuschki fahren. Sein Reisegepäck: ein Köfferchen voll Wodka. Im zunehmenden Rausch reflektiert er sein Leben im Sozialismus der Sowjetunion der 1960er Jahre. Ob das nun zwangsläufig in den Alkoholismus führen musste, das sei einmal dahingestellt. Aber weiß man etwas um die Person des Autors, der eben Wenedikt Jerofejew (1938 – 1990) ist, der wegen seines nicht dem Sozialismus angepassten Verhaltens keinen Fuß in der sowjetischen Gesellschaft fassen konnte, ahnt man zumindest, warum Leben, speziell seins, im Alkoholismus enden kann.

Philipp Rücker

So urkomisch Wenjas Monologe im Rausch sind, so traurig sind sie. Die gesanglichen Zwischenstücke heiterten allerdings immer wieder auf. Ob es des zusätzlichen Wodka-Ausschanks bedurft hätte, darf jeder für sich selbst entscheiden.

Im Laufe des Stücks, das eigentlich ein Roman oder nach russischer Interpretation ein Poem ist, wird immer unklarer, wo sich Wenja gerade befindet: in Petuschki, auf einer Unterwegsstation, schon wieder in Moskau. Oder ist gar nicht erst losgefahren vom Kursker Bahnhof. Genauso wenig klar ist am Ende des Stücks, ob er wirklich oder nur in seiner Alkoholfantasie gemeuchelt wird, ob sich lediglich sein Bewusstsein für immer verabschiedet. In Kitzen war er jedenfalls, das haben gut 50 Zeugen gesehen.

Das Publikum wurde mit einbezogen.

Jerofejews Buch erschien übrigens in den 1970er Jahren erstmals in Israel und in einer französischen Ausgabe. In der Sowjetunion wurde es laut Wikipedia erstmals 1988 gedruckt.

Kay Liemann, der aufgrund seines Alters den real existierenden Sozialismus der DDR oder der Sowjetunion nicht erlebt hat, fand den Stoff dennoch faszinierend. „Mein Professor hat mir das Buch geschenkt und ich war sofort begeistert“, sagte er nach der Veranstaltung. Ob es allen Gästen des Abends ebenso ging? Die einen sagen so, die anderen sagen so.

FC Liverpool in Kitzen

Gospel Changes in der Kitzener Kirche.

Halleluja! Der Ausruf des Jubels nach der Fastenzeit, wenn eben wieder gejubelt wird in der Kirche – das gehört ins Repertoire eines Gospel-Chores. Des Jubels wegen, aber weil es vielleicht der älteste Song der Menschheitsgeschichte ist. Das Halleluja wird seit 2000 Jahren gesungen. Der kanadischen Sänger und Songwriter Leonard Cohen (1934 – 2016) hat 1984 eine legendäre Version herausgebracht, für die er in zwei Jahren mehr als 80 Strophen geschrieben haben soll, wie auf der Internetseite evangelisch.de nachzulesen ist. Sechs davon enthält die Songfassung, die in der Regel auf seinen Alben auftaucht. Einige davon, aber auch andere hat der Leipziger Chor Gospel Changes in sein Programm aufgenommen, mit dem er gut anderthalb Stunden lang das Publikum am 22. Mai in der Kitzener Kirche begeisterte. Was als einer der bekanntesten Titel der Worldmusic in die Musikgeschichte eingegangen ist, lässt sich eben auch gut für ein Gospelkonzert adaptieren. Schließlich gibt es seit der Erstveröffentlichung 1984 ohnehin mehr als 100 Coverversionen.

Chorleiter Maik Gosdzinski

Aber nicht allein damit löste Gospel Changes Beifallsstürme aus, die letztlich in Standing Ovations mündeten. Bereits zweimal war der Chor in den vergangen Jahren in Kitzen zu Gast und bewies da schon und erst recht beim dritten Mal seine Wandlungs- und Entwicklungsfähigkeit. Auch wenn der Klangkörper aktuell mit einer etwas kleineren Besetzung auftrat als zum Beispiel 2018 bei seinem davor liegenden Gastspiel in Kitzen, tat das weder der Klangfülle noch der Begeisterung im Publikum Abbruch. „Wir haben einerseits viele Auftritte zu bestreiten, andererseits können es auch nicht immer alle Sängerinnen und Sänger zeitlich einrichten“, begründete Chorleiter Maik Gosdzinski den höchstens optisch ins Auge fallenden Personalengpass.

Therese Galetzka (r.) gehört zur Chorleitung und zu den herausragenden Stimmen im Chor.

War das musikalische Angebot ohnehin fesselnd, so ließ der Chor einige Male zusätzlich aufhorchen. Urplötzlich fühlte sich das Publikum ins Fußballstadion versetzt. „You´ll never walk alone“ singen die Fans des englischen Erstligisten FC Liverpool (mittlerweile auch von andere Fußballklubs) nicht nur bei den Heimspielen des englischen Vizemeisters. „You´ll never walk alone“ (Du wirst nie allein gehen), das aus dem Musical „Carousel“ stammt, ließ Gospel Changes eben auch in einer für einen Gospelchor adaptierten Version erklingen und manch einer im Publikum sang oder summte mit. Anleihe für sein Konzertprogramm nahm der Chor genauso beim US-amerikanischen Rockstar Bruce Springsteen, der den Song „O Mary don´t you weep“ (Oh Mary weine nicht) 2006 berühmt gemacht hat und den zuvor auch schon unter anderen Pete Seeger und Nat King Cole gesungen hatten.

Am Schluss stand das Publikum, erklatschte sich Zugaben, so dass der bezaubernde Nachmittag nicht nach einer guten Stunde wie geplant endete, sondern 100 Minuten dauerte.

Wie lieblich ist der Maien

Der Leipziger Kammerchor in der Kirche Kitzen.

Mit einem Frühlingskonzert unter dem Motto „Wie lieblich ist der Maien“ wartete der renommierte Leipziger Kammerchor am 1. Mai in der Kirche Kitzen auf. Der Feiertag, der dieses Jahr auf einen Sonntag fiel, war auch der Tag, an dem die traditionelle Radpartie des Siedlervereins Kitzen stattfand und es um die Mittagszeit Hochbetrieb im Gasthof Thesau gab, wobei sich die künftigen Betreiber vorstellten. Dennoch war die Kirche zum nachmittäglichen Konzert gut gefüllt. Der Kammerchor erfreute die Besucher mit einem reichhaltigen musikalischen Angebot. Das reichte von Volksliedern wie „Es klappert die Mühle“, bei denen jeder mitsingen konnte, bis hin zu Liedern Robert Schumanns „So sei gegrüßt viel tausendmal“ oder Claudio Monteverdis „Non giacinti o narcisi“ (Keine Hyazinthen oder Narzissen), bei denen verzückt gelauscht wurde. Dazu kamen Frühlingslieder aus Frankreich, Schweden oder den USA. Das Thema des Konzerts kam in Form des mehr als 400 Jahre alten Liedes „Wie lieblich ist der Maien“ von Johann Steuerlein (1546 – 1616), wofür Martin Behm 1604 den Text verfasst hatte, natürlich auch zu Gehör. Für die Konzertbesucher blieb das Fazit, es hat sich wieder gelohnt, das kulturelle Angebot des Fördervereins Sankt Nikolai Kitzen auch an einem Tag mit vielen anderen Veranstaltungen anzunehmen.

Schöne Stimmen erfüllten den Konzertraum.

Ingrid Riedel, die Vorsitzende des Fördervereins, vearbschiedete den Chor mit einem Blumenstrauß an Chorleiter Georg Mogwitz.

Kein Tacet in munterer Runde

Wolfgang Rögner

Tacet – ein Begriff aus der Musik – bedeutet schweigen. Wolfgang Rögner nannte sein Büchlein so, das er vor einigen Jahren in einer, wie er sagt, kleinen selbst genommenen Auszeit geschrieben hat. Geschwiegen wird darin allerdings nicht. Ganz im Gegenteil, der Dirigent verschiedener Klangkörper und aktuelle Intendant des Leipziger Symphonie Orchesters (LSO) erzählt launige, manchmal auch nachdenklich machende Geschichte aus seinem Leben, aus dem Leben eines Kapellmeisters eben.

Eigentlich habe er das Büchlein mehr für sich selbst geschrieben, erzählt er bei einer Lesung im März zum Auftakt des Kulturjahres im Förderverein Kirche St. Nikolai im Kitzener Kulturhaus. Letztlich aber auch dank einer Bekanntschaft mit dem ehemaligen, mittlerweile gestorbenen künstlerischen Leiter der Porzellanmanufaktur Meißen, Christian Schöppler, der das Büchlein illustrierte, fand „Tacet“ den Weg an die Öffentlichkeit. Und das ist erfreulich.

Dem 1951 in Thüringen geborenen Rögner, Mutter Chorsängerin und Vater Musiklehrer, war die Musik nahe und das Musikstudium folgerichtig. Nach Abschluss des von ihm gewählten Dirigentenstudiums führte ihn der Weg durch zahlreiche Theater, Opernhäuser und Konzertsäle, unter anderem einige Jahre nach den Niederlanden, für gelernte DDR-Bürger alles andere als gewöhnlich.

So hat er schließlich einen enormen Fundus an Erinnerungen zu diversen Anekdoten geformt, garnierte sie mit seinen Lieblings-Kochrezepten sowie mit Gedichten, die er mag. Knapp eine Stunde lang las und erzählte er vor einem gut gelaunten Publikum. Am besten amüsierte es sich über die Theatergeschichten. Zum Beispiel über dieser jenes Sängers am Plauener Theater, der während der Aufführung und seines Gesangs an einer Hochzeitstafel von Mitstreitern darauf aufmerksam gemacht wird, dass seine Hose offen ist. Ohne seinen Gesangspart zu unterbrechen, geht er hinter der Tafel ein wenig in die Knie und schließt fürs Publikum verdeckt die Hose. Was der Sänger nicht bemerkt, er hat das Tafeltuch mit eingeklemmt. Mit dem Ende des Liedes schreibt das Drehbuch seinen Abgang von der Bühne vor. Er geht und reißt die Tischdecke mit sich.

Gut gelaunt verfolgte das Publikum im Kitzener Kulturhaus die Lesung.

Wer noch mehr Geschichten kennenlernen will, dem ist das Büchlein zu empfehlen.

Rögner war nicht zum ersten Mal in Kitzen. Zweimal bereits kam er zu Konzerten mit dem LSO in die Kirche und führte jeweils launig durchs Programm. Wenn das Orchester am 19. Juni 2022 zum dritten Mal in Kitzen aufspielt, wird man ihn vermutlich ein weiteres Mal mit begrüßen können.

Von Steiger bis Holzmichl

Peter Kreißl (l.) und Andreas Tiede als „De Hutzenbossen“

Wollen die wirklich schon Schluss machen, fragt sich mancher im Publikum nach dem 90-minütigen Auftritt der Band „De Hutzenbossen“ am letzten Juli-Samstag 2021? Fördervereinsvorsitzende Ingrid Riedel bringt es auf den Punkt, als sie sich als Gastgeberin des Abends von Peter Kreißl kurz das Mikrofon leiht. „Da fehlt doch noch was?“ fragt sie an die Musiker gewandt. Was denn mit dem Holzmichl sei? Ob er denn noch lebe? „Wir haben es befürchtet, dass die Frage kommt“, entgegnet Kreißl laut lachend und stimmt mit Andreas Tiede das alte Volkslied an, dass die Band „De Randfichten“ in Deutschland berühmt gemacht hat. Und das Publikum auf der Terrasse vom Kitzener Kulturhaus stimmt lauthals ein in den Refrain, der erleichtert deklamiert „Er lebt noch, er lebt noch, stirbt nicht“. Die Zeile steht gleichsam für dieses spezielle musikalische Genre. Damit geht dann aber doch der Abend mit der erzgebirgischen Volksmusikgruppe „De Hutzenbossen“ zu Ende, der mit dem nicht weniger berühmte „Steigerlied“ begonnen hatte.

Dazwischen gab es jede Menge erzgebirgische Lieder, bei denen die mehr als 50 Besucherinnen und Besucher mitsangen und mitschunkelten. Auch im Flachland der Leipziger Tieflandsbucht schaffen es „De Hutzenbossen“, ihr Publikum einzufangen. Der Altersdurchschnitt der Zuhörinnen und Zuhörer ist nicht eben niedrig, da kommen auch die alten Schlager wie „Hello Mary Loo“ (Rickey Nelson 1960), „Rote Lippen soll man küssen“ (die älteste Version geht auf Ruth Brown 1957 zurück) oder „Marina, Marina“ (Rocco Granata 1959) in einem Medley bestens an. Kreißl und Tiede mischen noch „Bergvagabunden“ und „Sierra Madre“ ein, bei denen man so schön mitsingen kann.

Das Publikum ist begeistert.

Am Ende des Abends sind sich alle einig, dass sie ihren Spaß gehabt haben. Wohl auch deshalb, weil „De Hutzenbossen“ nicht nur von der Bühne, die in dem Fall die Stufen zum Kulturhaus sind, agieren, sondern auf ihr Publikum zugehen, es einbeziehen, auch einmal niederknien, über Tische und Bänke gehen und somit zeigen, dass sie selbst Freude an dem haben, was sie da 200- bis 300-mal im Jahr mit Gitarre, Trompete, Steirischer Harmonika und Stimme tun.

Standhaft/Daßler zum Dritten

Tino Standhaft (l.) und Norman Daßler waren bereits zum dritten Mal für ein Konzert in Kitzen.

Nach 2017 und 2019 waren sie wieder da. Tino Standhaft und Norman Daßler kam dabei ein Privileg zu. Der Auftritt der beiden Rockmusiker aus Leipzig war das erste Konzert nach dem Abschluss der Sanierung in der Kirche Sankt Nikolai Kitzen. Der hätte früher sein sollen, aber die Corona-Pandemie verhinderte bislang in diesem Jahr Veranstaltungen in der Kirche. Daher sollte der Auftritt von Standhaft/Daßler am 26. September eigentlich unter freiem Himmel im Pfarrhof stattfinden. Ein entsprechendes Hygienekonzept war von der zuständigen Behörde genehmigt worden. Doch der Dauerregen machte ein Konzert im Freien unmöglich. Kurzfristig wurde in die Kirche umgezogen, ebenfalls unter strengen Hygieneregeln. Nur Besucher aus einem Haushalt durften beisammensitzen, ansonsten wurden die Zuschauer und -hörer weit auseinandergesetzt. Das Hinein und Hinaus in und aus der Kirche wurde über getrennte Türen an der Süd- und an der Nordseite geregelt. Getränke und Speisen durften nicht mit hineingenommen werden. „Maske auf!“ hieß das Motto.

Letzteres galt nicht für Standhaft/Daßler – die sollten schließlich spielen und singen. Und das taten sie in bekannt wunderbarer Manier. Im Teil des Abends holten sie Rock- und Bluessongs unterschiedlichster Musiker der 1970er Jahre hervor. So schallte Eric Claptons „Cocain“ ebenso durch die Kirche wie „Keep on Running“ von der Spencer Davis Group, „Can´t find my Way home“ von Blind Faith erklang und „Locomotiv Breath“ von Jethro Tull. Um besonders gut gerüstet zu sein für „Circle oft the world“ von Ritchie Blackmore, stimmte Standhaft extra noch einmal seine Gitarre. „Das Lied ist so schön, dafür muss alles stimmen“, meinte Standhaft lachend.

Im zweiten Teil des Abends gab es dann, wofür Standhaft/Daßler besonders gern in die Saiten greifen und die Stimmen nicht schonen. Eine Stunde lang holten sie Neil Young in den Raum. „On the beach“ fehlte ebenso wenig wie „Heart of gold“ oder „Comes a time“, „Old man“ oder „The needle and the damage done“ und „Words“. Standhaft setzte bei einigen der Songs noch die Mundharmonika ein. Alles einfach fantastisch anzuhören.

Natürlich wollten die Besucher die beiden Rocker nicht ohne Zugabe ziehen lassen. Die gabs dann dreifach, unter anderem mit „Rockin´ in a free world“. Einer von jenen Titeln, wie Standhaft anmerkte, die US-Präsident Donald Trump ohne zu fragen bei seinen Wahlkampfveranstaltungen nutzte, wofür ihn Neil Young mittlerweile verklagt hat.

In Sankt Nikolai hatte niemand Grund zur Klage, als sich die Konzertbesucher nach gut zwei Stunden Rockgeschichte zutiefst zufrieden auf den Heimweg machten. Der eine oder andere sicher mit dem Gedanken, auch ein viertes Mal für die zwei Rocker in oder an die Kirche zu kommen.

Nach einem Abend, bei dem die beiden Musiker auch optisch in bestes Licht gesetzt wurden. Hier noch ein paar Bildimpressionen des Abends:

Kennen Sie Ihre Vorfahren?

Mag sein, dass es den einen oder anderen nicht so sehr beschäftigt. Aber viele Menschen wollen wissen, von wem sie abstammen, woher ihre Vorfahren gekommen sind. Carsten Iwan beschäftigt sich seit einigen Jahren damit. An einem Februarsonntag 2020 stand er nun mit Computer, Beamer und seinem Wissen im Saal des Schlosses Kitzen, um Interessierten ein paar Tipps zu geben, wie sie es anfangen können, einen Stammbaum zu erstellen.

Carsten Iwan bei seinem Vortrag zur Familienforschung.

Die einfachste Methode, um ein Stück in die Vergangenheit vorzudringen, ist: „Fragen Sie Ihre Eltern und Großeltern, was sie von ihren Eltern und Großeltern wissen“, sagte Carsten Iwan. Damit gab er auch gleich den Fingerzeig, den Beginn dieser Art der Forschung nicht auf jene Zeit zu verschieben, wenn man persönliche im Ruhestand ist und vermeintlich Zeit hat. „Dann könnte es für die eine oder andere Befragung schon zu spät sein“, so Iwan. Allerdings wird da schon klar, sehr weit kann man in die Vergangenheit nicht vordringen, es sei denn, die Eltern oder Großeltern und mit einer Portion Glück die Urgroßeltern verfügen über Aufzeichnungen davorliegender Zeiten. Möglicherweise gibt es Familien- beziehungsweise Familienstammbücher, die in Deutschland um 1875 eingeführt worden sind. Oft sind die allerdings in Zeiten der Wirren des Zweiten Weltkriegs abhandengekommen. Und persönlich aufgezeichnet haben die wenigsten Familien ihre Ahnentafeln.

Die nächstliegenden Quellen sind dann Standesämter – die wurden ebenfalls erst in den 1870er Jahren eingeführt – und Kirchenbücher. Letztere gibt es in Deutschland flächendeckend seit dem 16./17. Jahrhundert. Damit werden die Grenzen der Ahnenforschung sichtbar. Aber immerhin könnte man mit Glück und Ausdauer ein knappes halbes Jahrtausend in die Vergangenheit seiner Familie zurückreisen.

Nun stammen unsere Familie nicht zwingend über mehrere Generationen aus der unmittelbaren Region. Die Siedlungspolitik deutscher Königreiche hat im 18. und 19. Jahrhundert zu manch kleiner Völkerwanderung geführt, die sich vor allem in Richtung Ost- und Südosteuropa entwickelte. Und umgekehrt gab es im 20. Jahrhundert in der Folge zweier Weltkriege, aber auch der gesellschaftlichen Veränderungen zum Beispiel in der Sowjetunion enorme Bevölkerungsbewegungen. Unter den Bedingungen Dokumente über die Familienherkunft zu erlangen, ist meist deutlich schwieriger, als sich in die nächsten Stadesamt- oder Kirchenarchive zu begeben. Aber Carsten Iwan hat es ausprobiert und ist in Sachen Familienforschung auch außerhalb der Staatsgrenzen fündig geworden, wie er sagte.

Im heutigen intermedialen Zeitalter gibt es zudem zeitsparende Zugriffsmöglichkeiten. In den letzten Jahren sind verschiedene Programme entwickelt worden. Die Links zu einigen Beispielen:

https://www.daubnet.com/de/produkte

https://www.familysearch.org/de/

https://www.ancestry.de/

Es gibt noch viele mehr. Wobei klar sein muss, dass es nicht auf Anhieb in die tatsächliche Familiengeschichte führt und bei der Nutzung verschiedenster Programme entstehen Kosten für die entsprechenden Lizenzen.

Das trifft durchaus auch zu, wenn man sich an Archive wendet, egal ob persönlich, telefonisch oder online. Auch hier ein paar Beispiele:

https://www.archiv.sachsen.de/

https://www.archion.de/de/

https://landesarchiv.sachsen-anhalt.de/startseite/

Wer sich zu seinen Wurzeln vortasten will, wird in jedem Falle viel Geduld und Ausdauer haben und einige Euro in die Hand nehmen müssen, wie Carsten Iwan deutlich machte. Allerdings, der persönliche Lohn ist nicht schlecht und vielleicht danken es einem auch noch Enkel, Ur- oder Ur-ur-Enkel. Vorausgesetzt, das Interesse an der Vergangenheit lässt auch in den nachfolgenden und zukünftigen Generationen nicht nach.

In der Kirche wird es heller

Blick zur Decke. Der helle Anstrich wird für gut befunden beim Treffen, an dem Ingrid Riedel, Restauratorin Birgit Mühler, Denkmalpfleger Thomss Brockau und Stefan Reuter sowie Malermeister Jürgen Lenz (v.l.) teilnahmen.

Seit dem 10. April ist nun endlich klar, wie die Holzdecke in der Kirche aussehen soll. Sie wird einen hellen Farbton erhalten, der insgesamt den Kirchenraum in ein neues Licht taucht. Nach kleineren Probeanstrichen, die noch im vorigen Jahr vorgenommen wurden, hat jetzt Malermeister Jürgen Lenz einen großflächigeren Teil im südlichen Kreuzarm der Kirche gestrichen. Und bei einem Treffen in der Kirche mit Thomas Brockow und Stefan Reuter vom Landesamt für Denkmalpflege wurde der Farbton als gelungen angesehen, so dass nun die komplette Decke in der Kirche so gestrichen werden kann.

Jürgen Lenz, der mit seiner Firma in Großpösna ansässig ist, ist ein Experte für Anstriche nach denkmalpflegerischen Vorgaben. Er war schon bei Malerarbeiten in den beiden großen Leipziger Stadtkirchen St. Thomas und St. Nikolai aktiv, hat aber ebenso in den Kirchen von Tellschütz und Werben gearbeitet. Nun wird er den weiteren Anstrich in der Kitzener Kirche in Angriff nehmen.

An vielen Stellen ist der Fußboden derzeit aufgerissen.

Parallel zur Farbgebung finden derzeit in der Kirche auch Arbeiten für die neuen elektrischen Leitungen statt. Sie werden im Kirchenboden verlegt, der derzeit an vielen Stellen aufgerissen wurde. Der Deckenanstrich und die Elektroarbeiten sowie die Erneuerung des Innenputzes im Laufe dieses Jahres sind auch der Grund, warum die Kirche selbst 2019 voraussichtlich nicht für die Kulturveranstaltungen des Fördervereins zur Verfügung stehen wird. Die ersten Veranstaltungen dieses Jahres haben deshalb auch bereits im Kulturhaus stattgefunden. Die geplanten Open-Air-Konzerte werden an der Terrasse des Kulturhauses veranstaltet.

Insgesamt hat der Förderverein für 2019 wieder erhebliche Mittel aus Förderprogrammen bekommen. Das sind zum Beispiel 30.500 Euro, die aus dem Sonderförderprogramm des Freistaates Sachsen zur Verfügung gestellt werden. Sie werden eingesetzt für den Deckenanstrich und für die weitere Sanierung des Nordportals. Die Gesamtkosten allein dafür belaufen sich allerdings auf 43.000 Euro. Laut der Vorsitzenden des Fördervereins Ingrid Riedel wird das Geld aus dem Sonderprogramm mit 5.000 Euro von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz als Co-Finanzierung sowie mit Eigenmitteln ergänzt.

Eine enorme Summe bekommt der Verein in diesem Jahr auch wieder aus europäischen Förderprogrammen: Leader und EPLR. Leader steht für Liaison entre actions de développement de l’économie rurale (deutsch: Verbindung zwischen Aktionen zur Entwicklung der ländlichen Wirtschaft). EPLR ist das sächsische Entwicklungsprogramm für den ländlichen Raum, das wiederum auf dem Europäische Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums ELER fußt.

104.500 Euro können genutzt werden, um die elektrische Anlage in der Kirche zu erneuern, die wiederum Voraussetzung für die Installation der Sitzplatzheizung ist. Die neuen Leitungen dürfen nach den Vorgaben der Denkmalschützer nicht in den Wänden gelegt werden, sondern müssen in den Fußboden. Das ist der Grund, warum der im Moment aufgerissen ist. Zwar belaufen sich die Gesamtkosten dafür auf 110.000 Euro, so dass auch Eigenmittel eingesetzt werden müssen, die unter anderem aus Spenden zusammenkommen. Aber für den Verein ist es ein enormer Gewinn, dass das Vorhaben mit einer Quote von 95 Prozent gefördert wird.

Geld gibt es aber nicht allein für die Kirchensanierung, sondern in diesem Jahr auch für die kulturelle Arbeit des Fördervereins. „Wir haben im vorigen Jahr einen Antrag an die Kultur- und Umweltstiftung Leipziger Land der Sparkasse gestellt und daraus 5.000 Euro zur Verfügung gestellt bekommen“, sagt Ingrid Riedel. Das Geld soll genutzt werden, um die Voraussetzungen für Veranstaltungen zu verbessern. Es dient unter anderem der Anschaffung eines E-Pianos. Gekauft werden soll aber auch ein Faltpavillon für die Open-Air-Veranstaltungen. Bisher wurden solche Dinge ausgeliehen. Um vor allem Chören bessere Auftrittsmöglichkeiten zu geben, will der Förderverein für die Kirche noch ein Stufenpodest erwerben. „Von der Sparkassenstiftung haben wir das Signal bekommen, für 2020 erneut einen Fördermittelantrag zu stellen. Das werden wir natürlich aufgreifen“, sagt Ingrid Riedel.

Neben den drei Hauptprojekten Decke, Elektrik und Innenputz werden im Laufe des Jahres noch eine Reihe anderer Arbeiten erledigt. Unter anderem werden die Sandsteinplatten im Altarbereich gesäubert. Die vor mehr als 30 Jahren mit Betonplatte ausgebesserten Stellen erhalten neue Sandsteinplatten. Dabei werden dann auch die Kabelkanäle, die am Rand des Altarbereichs im Fußboden verlegt werden, nicht mit Beton verschlossen, sondern ebenso wie die Sandsteinplatten in Sand gelegt. Das soll der aufsteigenden Nässe im Mauerwerk vorbeugen.

Die in der Mitte des Kirchenraums entfernten kaputten Fliesen sollen durch Spaltplatten ersetzt werden, wie sie auch im gesamten Innenraum der Kirche vorhanden sind. Dazu gehört jedoch, dass die an den Stufen zum Altarbereich zu sehende Jahreszahl 1797 sichtbar bleibt. Die Stufen zum Altarbereich werden zudem nach rechts und links ein wenig verlängert, um die Stolpergefahr zu verringern.

Im nördlichen Vorraum der Kirche, also auf der Seite zum Pfarrhof hin, soll der Fußboden mit den alten Ziegeln aus der im Vorjahr sanierten Patronatsloge in einem Sandbett gelegt werden. Die Decke in dem Vorraum wird so restaurier, dass das gesamte Nordportal zu sehen ist.

Mit dem Denkmalschutz wurde jetzt auch eine Einigung zum Bestuhlungsplan für die Kirche erzielt. Das gelang während der schon genannten Besprechung im April. Den Denkmalpflegern ging es darum, dass die Sichtachse zwischen Nord- und Südeingang frei bleibt. Die Bänke werden schließlich auf einem Holzpodest stehen, das die Kabel für die Sitzpolsterheizung aufnehmen wird. Neben den neuen beziehungsweise restaurierten Bänken werden im hinteren Bereich der Kirche vier Originalbänke aufgestellt.

Die Scheune im Pfarrhof wird saniert.

Zwar nicht unter der Regie des Fördervereins, aber auf dessen Anregung hin, wird derzeit von der Kirche die Scheune am Pfarrhof saniert. „Wir haben eine beharrliche Diskussion darüber geführt, dass es schade wäre, wenn die Scheune angerissen würde. Denn dann wäre das romantische Bild des Pfarrhofs zerstört worden“, sagt Ingrid Riedel. Nun hat sich ein Team zusammengefunden, zu dem Heike Knappe aus Sittel und die Kitzenerin Astrid Gebhard, die Frau des Pfarrers, gehören. Es hat sich der Problematik angenommen. Gemeinsam haben sie es geschafft, den Kirchenkreis Merseburg nach anfänglich anderer Haltung zur Zustimmung für eine Sanierung zu bewegen. Der Kirchenkreis hat dafür im vorigen Jahr Leader-Fördermittel beantragt und bewilligt bekommen: 250.000 Euro. So kann im Laufe dieses Jahres unter der Leitung der Architektin Ulrike Kabitzsch, die schon die Kirchensanierung in Werben, Eisdorf und Kitzen begleitet hat, die Scheune vor dem Verfall gerettet werden. Nach Fertigstellung soll sie für Veranstaltungen der Kirchengemeinde, aber auch des Dorfes genutzt werden können. „Damit wird das Areal Kirche und Pfarrhoff als ein Kulturschwerpunkt aufgewertet“, erklärt Ingrid Riedel.

Stiftung bewilligt Fördermittel

Für die Sanierung des historischen Nordportalls der Kirche Sankt Nikolai Kitzen hat die Deutsche Stiftung Denkmalschutz dem Förderverein 5000 Euro Fördermittel bewilligt. „Das ist eine gute Nachricht“, sagte Fördervereinsvorsitzende Ingrid Riedel dazu, auch wenn damit die Gesamtkosten für das Vorhaben noch nicht gedeckt sind. Die Restaurierung wird rund 12000 Euro kosten.  Weitere Fördermittel sowie ein Eigenanteil sollen die Finanzierung sichern

Das Nordportal.

Obwohl sich das Nordportal im Gegensatz zum bereits sanierten Südportal unterm Dach befindet, also im Inneren eines Anbaus an der Kirche auf der Seite zum Pfarrhof, hat der Zahn der Zeit daran genagt und eine Auffrischung tut Not. Beide romanische Portale sehen einander ähnlich. Das Südportal war von der Restauratorin Birgit Mühler restauriert worden, die nun auch die Erneuerung des Nordportals übernimmt. Das kann direkt an der Kirche geschehen, weil das Portal wegen der vorhandenen Überdachung nicht ausgebaut werden muss. Das Südportal hatte abgebaut und im Atelier erneuert werden müssen.