Neues Holz im Turm

Jede Menge Holz musste im Turm erneuert werden und die Arbeiten sind noch nicht beendet.

Wenn sich am 30. April die Kitzener Kirche wieder für die Besucher der nächsten Kulturveranstaltung öffnet, wird nicht viel zu sehen sein vom Fortgang der Sanierung. Die Besucher des Kabarettauftritts von Carolin Fischer und Heike Ronniger können nur ahnen, dass es Fortschritte gibt. Um etwas zu sehen, müssten sie einen Blick durch die verschlossene Tür zum Turmaufgang werfen können. Denn dahinter sieht man jede Menge neues Holz. Doch der Anblick ist nicht übermäßig spektakulär, obwohl bereits eine Menge Arbeit hineingesteckt wurde.

Bereits im November des vorigen Jahres haben die Tätigkeiten begonnen. Die ersten Handwerker im Turm waren die Putzer, die aber wegen der jahreszeittypischen sinkenden Temperaturen nicht lange arbeiten konnten. Wenigstens konnten die Zimmerleute hinein, um damit zu beginnen, große Teile der Holzkonstruktion des Turms zu erneuern. Während die Putzer witterungsbedingt auf ihren nächsten Auftritt warten mussten, sollten die Zimmerer ab Januar weiterarbeiten. „Aber die Firma hat wegen diverser Krankheitsfälle absagen müssen“, berichtet die Vorsitzende des Fördervereins von Sankt Nikolai Ingrid Riedel. Die steigenden Außentemperaturen gaben Hoffnung, dass die Putzer wieder anfangen könnten, doch sie waren auf anderer Baustellen gebunden. Wenigstens rückten im Februar die Zimmerleute erneut an. „Sie konnten zwar auch nicht lange bleiben, haben aber die Holzsanierung im Erdgeschoss des Turms in guter Qualität abgeschlossen“, resümiert Ingrid Riedel.

So weit, so gut! Aber nun klemmt die Säge. Denn die nächsten Arbeiten wurden auf Mai verschoben. Das wäre kein Beinbruch, wenn da nicht Terminzwänge bei der Finanzierung wären. „Wir haben das Problem, dass die Fördermittel, mit denen die Arbeiten bezahlt werden, bis Ende Mai abgerufen werden müssen“, sagt die Vereinsvorsitzende. Schaffen die Handwerker das?

Die Putzfirma klagt über Personalengpässe, will dennoch ab 17. April weitermachen. Auch wenn die Putzarbeiten im Erdgeschoss und in der ersten Etage abgeschlossen sind, darüber sind noch drei weitere Turmetagen zu bearbeiten. „Wir setzen jetzt darauf, dass unsere freiwilligen Helfer einspringen, um die Einrichtung der Baustelle zu unterstützen, damit die Putzer Zeit für die eigentlichen Arbeiten gewinnen“, hofft Ingrid Riedel. Klappt alles, könnten die Putzarbeiten bis Anfang Mai abgeschlossen werden. Dann könnten auch die Zimmerleute ihren Job bis Ende Mai erledigt haben. „Aber das wird für uns eine große Herausforderung an die Organisation sein“, stellt Ingrid Riedel fest. Sie spricht von einem schwierigen Akt, zumal zum Schutz vor Dreck und Staub das Innere der Kirche abgedeckt werden muss. Aber immerhin, die Chance besteht, die Innensanierung des Turms in diesem Frühjahr abschließen zu können.

Blick in das bereits sanierte Innere der Kirche.

Die Außensanierung dagegen wird aller Wahrscheinlichkeit erst im nächsten Jahr erfolgen können. „Wir haben zwar bereits bewilligte Fördermittel aus der Denkmalpflege, aber die reichen nicht aus“, erklärt die Vereinsvorsitzende. Gebraucht wird ebenso Geld aus dem europäischen Förderprogramm für den ländlichen Raum. Und bei LEADER, wie das Programm abgekürzt heißt, beginnt gerade jetzt die neue Förderperiode für die Jahre 2023 bis 2027. Aus Erfahrung von mehr als zehn Jahren Kirchensanierung weiß Ingrid Riedel, dass eine neue Förderperiode auch immer mit gewissen Anlaufschwierigkeiten verbunden ist, zumal die gewöhnlich im März liegende Antragszeit auf voraussichtlich Juli verschoben wurde. „Das würde bedeuten, dass die Arbeiten frühestens im September oder Oktober beginnen und damit vor dem Winter nicht abgeschlossen werden könnten“, sagt sie. Dann wäre es nötig, zweimal die Gerüste aufzubauen oder sie über den Winter stehen zu lassen, was in beiden Fällen unnötige Kosten verursachen würde. Ohnehin sind die Preise für die verschiedenen Bauarbeiten gegenüber 2021 um 30 bis 50 Prozent gestiegen.

Also wäre ein Beginn der Außensanierung im Frühjahr 2024 sinnvoll. Allerdings müssten dafür die bewilligten Denkmalpflegemittel von 2023 auf 2024 verschoben werden. „Ich hoffe, dass wir das verhandeln können“, sagt Ingrid Riedel.    

950 Jahre und ein Schritt zurück

Carsten Iwan bei seinem Vortrag im gut besuchten Saal des Kitzener Kulturhauses.

In diesem Jahr feiert Kitzen den 950. Jahrestag seiner urkundlichen Ersterwähnung. Pegauer Mönche haben aufgeschrieben, dass Wiprecht von Groitzsch (1050 bis 1124), der um 1070 aus der Altmark in die hiesige Gegend kam, 1073 mit den Adligen der Umgebung in verschiedene Händel verwickelt war. Unter ihnen wird Fridericus de Cutze erwähnt, der erste bekannte Gutsbesitzer von Kitzen. Wiprecht soll ihn 1073 in Zeitz getötet haben.

So weit, so gut. Aber wie alt ist Kitzen wirklich? Die Frage konnte auch Hobbyhistoriker Carsten Iwan in seinem Vortrag am 26. März 2023, der den Auftakt für die Kultursonntage des Jahrgangs 2023 des Fördervereins der Kirche Sank Nikolai bildete, im gut besuchten Saal des Kitzener Kulturhauses nicht präzise beantworten. Was jedoch weder den Vortragenden noch seine Zuhörer verwunderte. Auch wenn Iwan seinen Ausführungen den Titel gab: „950 Jahre Kitzen – Wie alles begann“; die Datenlage für jene Zeit ist eben dürftig. Aber die zugänglichen Quellen lassen laut ihm den Schluss zu, dass eine Siedlung auf dem Gebiet des heutigen Kitzens womöglich schon 500 Jahre früher bestanden haben könnte. Denn die Sorben haben die Gegend bereits um das Jahr 500 besiedelt. Auf deren Aktivitäten geht der Bau einer Fluchtburg zurück, die nach der derzeitigen Annahme auf dem Areal des heutigen Gutsparkes gestanden haben soll.

Lage der Fluchtburg auf dem Gebiet des heutigen Gutsparkes.

Wann genau sich dies zugetragen hat, ist aber ungewiss, weil eben Aufzeichnungen fehlen und es lediglich aufgrund archäologischer Funde klar ist, dass Sorben in der Gegend gesiedelt haben. Einen Hinweis auf das heutige Kitzen gibt es dabei bislang nicht. Lediglich ist man sich unter Historikern einig, dass der Name auf einen sorbischen Begriff zurückgeht, der laut Iwan so viel wie geschützte Burg bedeutet haben soll.

Bekannt sei zudem, dass um das Jahr 950 sächsisch-fränkische Adlige auf Geheiß Ottos I. in unsere hiesige Gegend kamen. Vielleicht ein Hinweis darauf, dass zu dieser Zeit eine Siedlung entstanden ist. Aber, so räumt Carsten Iwan ein, es bleibt vieles Kaffeesatzleserei für die Zeit vor 1073. Also begnügen wir uns mit 950 Jahren. Das ist ja auch schon eine richtig lange Zeit.

Erfolgreiche Auktion, online geht es weiter

Die Versteigerung von Gemälden von Karl-Heinz Georgi sowie Holzschnitten von Jiang Bian-Harbort und Sebastian Harbort zugunsten der Sanierung des Turms der Kirche Sankt Nikolai Kitzen war am Sonntag, 22. September 2022, sehr erfolgreich. 810 Euro wurden dabei erlöst. 90 Euro gab es zudem als Spende von Theo Rosenfeld, dem Geschäftsführer des Rosenfeld-Verlages in Weimar, der die Bücher von Gernot Maria Grohs verlegt. Grohs hatte beim Konzert des Pianisten Ulrich Urban an dem Tag aus seinem Lyrikband „Wanderers Gedanken“ und der Novelle „45 Jahre und eine Nacht“ gelesen. Rosenfeld verkaufte anschließend einige Bücher an Interessenten aus dem Publikum. „Weil mich das, was der Verein bei der Sanierung der Kirche geschafft hat, sehr beeindruckt, soll der Erlös aus dem heutigen Buchverkauf der Turmsanierung zugutekommen“, sagte der Verleger, der selbst Gast der Veranstaltung war.  

Da einige Bilder bei der Versteigerung keine Käuferin beziehungsweise keinen Käufer gefunden haben, erklärten sich die Künstler bereit, diese Bilder weiter anzubieten. Sie können jetzt online ersteigert werden. Der Erlös wird für die Kirchturmsanierung eingesetzt.

Interessenten können bei E-Mail steigern. Die Auktion läuft bis zum 30. November 2022, 12 Uhr. Fotos der Kunstwerke sind mit den Mindestgeboten weiter unten zu sehen. Wer mitsteigern will, sendet eine E-Mail mit seinem Gebot an birgerzentner@birgerzentner.de . Bitte in der Mail das Gebot angeben und den Bildtitel, dazu Name, Adresse und eine Telefonnummer. Den Zuschlag bekommt das höchste Gebot. Bei gleichen Höchstgeboten bekommt der erste Einsender des höchsten Gebots den Zuschlag. Der Rechtsweg wird ausdrücklich ausgeschlossen.   

Und das sind die Bilder, die ersteigert werden können:

„Miss America“ – Jiang Bian-Harbort, Mindestgebot 80 Euro

„Wasserfall“ – Karl-Heinz Georgi, Mindestgebot 100 Euro
„Tulpen“ – Karl-Heinz Georgi. Mindestgebot 120 Euro
„Stillleben“ – Karl-Heinz Georgi, Mindestgebot 120 Euro

Erlesenes und Gelesenes

Ulrich Urban

Sucht man nach Fotos von Gernot Maria Grohs im Internet, dann landet man schnell bei einem Mann mit Violoncello und Bogen in der Hand. Kein Wunder, ist sein Hauptberuf doch Direktor des Zweckverbandes Musikschule „Johann Nepomuk Hummel“ in Weimar. Aber so ganz nebenbei macht er sich auch einen Namen als Literat und hat dies in Form von sieben Büchern und diversen Lyrikbeiträgen nachgewiesen. Außerdem fährt er gerne Fahrrad. Der Zusammenhang wird gleich deutlich.

Gernot Maria Grohs

Den gebürtigen Leipziger führte im vorigen Jahr eine Radtour auf den Spuren des Dichters und Kämpfers der Befreiungskriege 1813 Theodor Körner auch bis zum Körnerdenkmal im Kitzener Park. Ein zufälliges Zusammentreffen mit dem Kitzener Carsten Iwan vermittelte ihm Kontakt zu Ingrid Riedel, der Vorsitzenden des Fördervereins der Kirche Sankt Nikolai. Im daraus resultierenden Gespräch nahm eine Idee Gestalt an: Grohs kommt zwar nicht mit dem Cello nach Kitzen, aber mit Büchern, wird daraus lesen. Und damit das nicht ohne musikalischen Genuss bleibt, schlug er vor, beim mit ihm befreundeten Leipziger Pianisten Ulrich Urban nachzufragen, ob der nicht in die Tasten greifen könnte. Kein Problem für Urban eben aufgrund der Freundschaft, aber auch, weil seine Frau und Ingrid Riedel einst in Altenburg Schulfreundinnen waren.

Das Ergebnis jener Radtour war nun am 25. September 2022 zu erleben. Während Grohs aus seinem Lyrikband „Wanderers Gedanken“ sowie aus der Novelle „45 Jahre und eine Nacht“ gelesen hat und durchs Programm führte, spielte Urban auf einem Flügel der Eisenberger Firma Wilhelm Steinberg Erlesenes aus dem Notenerbe von Wolfgang Amadeus Mozart und Franz Schubert. Mit der Leichtigkeit des ersten Satzes aus der Mozartschen Klaviersonate Nr. 10 KV 330 zu Beginn und des letzten Satzes zum Abschluss setzte er sozusagen ein musikalische Kontrastprogramm zur Schwermut des Adagio und des Allegro aus der C-Moll-Sonate von Schubert. Dazwischen gab Urban beim Spiel von zwei Kompositionen aus der Feder von Grohs den Fingerzeig auf das musikalische Können des Mannes, der an diesem Tag eben mal nur am Lesepult stand.

Urbans Spiel hielt, was seine Vita versprochen hat. Denn der Leipziger gehört seit Jahrzehnten zu den gefragtesten Pianisten in Deutschland und hat in Europa und auf anderen Kontinenten einen exzellenten Ruf. Die Besucher am Sonntag dankten es ihm mit begeistertem Applaus. Und dass das gelesene Wort von Grohs ebenso ankam, zeigte sich im abschließenden Kaufinteresse des Publikums an seinen Büchern.

Apropos Grohs: Ingrid Riedel lud ihn ein, vielleicht im nächsten Jahr für ein Konzert sein Cello mit nach Kitzen zu bringen. Zugesagt hat er noch nicht, aber auch nicht abgelehnt. Nun, lassen wir uns einfach mal überraschen.

Kunstauktion für den Turm

Im Anschluss an das Konzert am 25. September werden sechs Bilder von Karl-Heinz Georgi sowie vier Holzschnitte von Jiang Bian-Harbort versteigert. Der Erlös der Versteigerung kommt vollständig der in diesem Herbst beginnenden Turmsanierung zugute.

Jiang Bian-Harbort wurde 1976 in Shi Jia Zhuang in der VR China geboren, hat an der Hochschule für bildende Kunst in Dresden Malerei und Grafik sowie Bildhauerei studiert. An der Technischen Hochschule Dresden absolvierte sie zudem ein Studium in Kunstgeschichte. Sebastian Harbort wurden 1976 in Dresden geboren, lernte und arbeitete als Stukkateur und hat an der Hochschule für bildende Kunst Dresden Theaterplastik studiert. Das Künstlerpaar lebt und arbeitet mit seinen Kindern seit vielen Jahren in Kitzen.

Der Musiker Karl-Heinz Georgie war 43 Jahre lang als 1. Solotrompeter des Gewandhausorchester tätig und weiß nicht nur mit seinem Blasinstrument brillant umzugehen, sondern versteht sich auch auf verschiedene Techniken der Malerei. Beim Tag des offenen Denkmals in der Kirche Kitzen waren zahlreiche Bilder von seiner Hand zu sehen. Sechs davon hat er für die Auktion ausgewählt. Es handelt sich um Acryl- und Ölmalerei.

Georgi hat von 1974 bis 1979 an der Leipziger Hochschule für Musik studiert. Er hat später auch an der Hochschule gelehrt. Konzertreisen haben ihn durch die ganze Welt geführt. Als Maler ist er Autodidakt.

Diese Holzschnitte von Jiang Bian-Harbort und Sebastian Harbort werden versteigert:

Jiang Bian-Harbort: Frau mit Schwänen, 28x38cm, Holzschnitt, Mindestgebot 60 Euro
Jiang Bian-Harbort: Miss America, 30×40, Holzschnitt, Mindestgebot 80 Euro
Sebastian Harbort: Sonntagsspaziergang , 32x46cm, Holzschnitt, Mindestgebot 80 Euro
Sebastian Harbort: Am Strand, 30x40cm, Holzschnitt, Mindestgebot 60 Euro

Die Bilder von Karl-Heinz Georgie, die zur Versteigerung gebracht werden:

Mindestgebot 100 Euro
Mindestgebot 125 Euro
Mindestgebot 140 Euro
Mindestgebot 125 Euro
Mindestgebot 140 Euro
Mindestgebot 120 Euro

Schautag am Denkmal

Große Resonanz bekam Ingrid Riedel bei der Führung durch die Kirche.

„Oh, ich habe gedacht, mit einem ordentlichen Anstrich war das Wesentliche geschafft, damit die Kirche wieder schön aussieht.“ Der Besucher am Tag des offenen Denkmals in der Kirche Kitzen musste nach der Führung um und durch das Bauwerk seine Meinung gründlich revidieren. Die Vorsitzende des Fördervereins für das Kulturdenkmal Kirche Sankt Nikolai Kitzen Ingrid Riedel hatte während der öffentlichen Führung am 11. September, dem Tag des offenen Denkmals, vor gut 40 bis 45 Teilnehmern ausführlich über die Historie der Kirche, aber vor allem über die aufwändigen Sanierungsarbeiten während der zurückliegenden zehn Jahre informiert. 1,5 Millionen Euro sind seither in die Restaurierung der Kirche geflossen. Ein großer Teil davon waren Fördermittel, aber der finanzielle Eigenanteil zum Beispiel aus Spenden sowie die immensen Eigenleistungen haben sich mittlerweile auch schon zu mehreren hunderttausend Euro summiert.

Die Ausstellungen stießen auf viel Interesse.

Auch wenn der Besucherstrom an dem Tag verhalten begann, schlussendlich waren doch jede Menge Einwohnerinnen und Einwohner, aber auch Besucherinnen und Besucher von außerhalb gekommen. Neben der Führung hatten auch die drei Ausstellungen in der Kirche große Anziehungskraft. Das waren einmal die Fotoausstellung über die ehemalige Kitzener Schule, zum anderen der Bildervergleich „Kitzen 1962 – Kitzen 2022“. Ein Video vom Tag des offenen Denkmals in Kitzen gibt es hier.

Interessiert zeigten sich die Gäste ebenso an den Malereien von Karl-Heinz Georgi. Angesichts der Resonanz am Denkmalstag und beeindruckt von der bisherigen Sanierungsleistung sowie der bevorstehenden Erneuerung des Kirchturms entschloss er sich, sechs seiner Bilder zugunsten der Finanzierung der Turmsanierung versteigern zu lassen. Die Auktion wird am 25. September im Anschluss an das für den Tag geplante Konzert stattfinden. Spontan haben sich auch die in Kitzen lebenden und arbeitenden Künstlerin Jiang Bian-Harbort und Sebastian Harbort entschlossen, für die Auktion Holzschnitte aus ihrem Schaffen zur Verfügung zu stellen. Ausführliche Informationen gubt es im Beitrag Kunstauktion für den Turm.

Sebastian Harbort (2.v.l.) und Jiang Bian-Harbort (3.v.r. im Gespräch mit Pegaus Bürgermeister Frank Rösel) zeigten Kunstwerke aus ihrem Schaffen.
Kunsthandwerk in der Pfarrscheune.

Erstmals hatte der Förderverein anlässlich des Denkmaltags auch Anbieter von Kunsthandwerk gewinnen können. Das war eine große Bereicherung für den Tag, auch wenn die Kauflaune der Besucherinnen und Besucher eher verhalten ausfiel. Was man vom Kuchenbuffet nicht sagen konnte. Traditionell fanden die Backwaren aus den Küchen zahlreicher Förderer und Freunde des Vereins reißend Absatz. Vom Publikum mit viel Applaus begleitet wurde ein tänzerischer Gruß für Siegwald Bilesch, der drei Tage zuvor seinen 85. Geburtstag gefeiert hatte und zu den Hauptmatadoren des Fördervereins gehört.

Am Kuchenbuffet.
Ingrid Riedel und Siegwald Bilesch beim Anschnitt der Geburtstagstorte.
Gruppenbild mit den Tänzerinnen der Show-Tanzgruppe.
Bei Kaffee und Kuchen ließ es sich gut plaudern.

Was für eine Stimme!

Jens Theilig im Kitzener Pfarrhof.

Was für ein Abend! Was für eine Stimme! Der Crimmitschauer Jens Theilig begeisterte am Abend des 21. August sein Publikum im Pfarrhof der Kirche Sankt Nikolai Kitzen. Ihn zum Kultursonntag zu engagieren, war ein echter Glücksgriff des Fördervereins. Der Tenor, der in Leipzig eine klassische Gesangsausbildung absolviert hat, zeigte sich in verschiedenen musikalischen Richtungen zu Hause: Klassik, Musical, Rock, Kirchenlieder, Pop-Balladen. Wem dieses Konzert entgangen ist, der hat etwas verpasst.

Theilig, der in seiner Heimatstadt gemeinsam mit seiner Frau Georgia, die ihn begleitete und für den guten Ton sorgte, ein Brautmodengeschäft betreibt und außerdem für ein Wirtschaftsunternehmen tätig ist, zeigte sich im ersten Konzertteil eher von der nachdenklich-besinnlichen Seite. Der Auftakt mit Solveigs Song, der ursprünglich aus der Feder von Edvard Grieg (1843 – 1907) stammt und vor einigen Jahren vom Musikprojekt Schiller adaptiert und eingespielt wurde, ließ erahnen, was das Publikum in den kommenden zwei Stunden stimmlich erwarten sollte. Weiter ging es unter anderem mit „Halleluja“, was zum Beispiel Leonard Cohen zu eindrucksvoll interpretiert hat, mit Peter Gabriels „Book of Love“ sowie selten gespielte Balladen von Udo Jürgens. Mit „My Way“ von Frank Sinatra, allerdings in einer Version von Elvis Presley, ging es in eine kurze Pause.

Teil zwei begann mit zwei Klassikern der DDR-Rockgeschichte. Theilig machte beide zu Höhepunkten seines Vortrags. Zuerst sang er „Als ich fortging“ von der Gruppe Karussell. Neben „Am Fenster“ von City und „Über sieben Brücken“ von Karat vielleicht eins der eindrucksvollsten deutschen Lieder der ausklingenden 1970er und der 1980er Jahre. Wer möchte, kann hier noch einmal hineinhören in ein kleines Musikvideo von dem Abend: Als ich fortging.

Das Publikum geizte nicht mit Beifall.

Wie gut dieser Song ist, zeigt sich nicht zuletzt daran, wer ihn in den zurückliegenden Jahren alles interpretiert hat: Rosenstolz, Jose Carreras, Sarah Connor, Heinz Rudolf Kunze, Tokio Hotel und viele andere. Karats „Schwanenkönig“ war anschließend ebenso beeindruckend vorgetragen wie „In the Ghetto“ von Elvis Presley oder „Circle of Live“ aus Elton Johns Musical „König der Löwen“. Es folgte neben anderen zwei Lieder aus den Musical „Les Miserables“ und in die inzwischen hereingebrochene Dunkelheit hinein ließ Jens Theilig „Amazing Grace“ erklingen, jenes alte Kirchenlied aus der Feder des während eines Sturms auf dem Atlantik bekehrten Sklavenhändlers John Newton (1725 – 1807), von dem es unzählige Versionen vor allem aus England und Schottland gibt.

Da war es schließlich kein Wunder, dass sich das Publikum mit lautem Beifall und Bravo-Rufen eine Zugabe „erbettelte“ und schließlich mit dem Ohrwurm „Sierra Madre“ in die Nacht und auf den Heimweg entlassen wurde.

Den Ton mischte Georgia Theilig.

Der Turm wird saniert

Endlich, endlich, möchte man sagen, aber ohne jeden Vorwurf. Endlich kommt er dran. Der Turm der Kirche Sankt Nikolai Kitzen wird saniert. Nach der aufwändigen Erneuerung der Kirche – erinnert sei an die Stichworte Dach, Trockenlegung, Putz, Bänke, Fenster, Patronatsloge – in den vergangenen zehn Jahren, bietet sich bislang dem Betrachter ein harter Kontrast zwischen dem hell strahlenden kreuzförmigen Bau und dem grauen, verwitterten Mauerwerk des Turms. Das soll sich nun bis Ende nächsten Jahres ändern. Die Fördermittelzusagen seien da und die notwenigen Eigenmittel ebenso, sagt die Vorsitzende des Fördervereins der Kreuzkirche Sankt Nikolai Kitzen Ingrid Riedel. Noch vor wenigen Wochen sah es so gar nicht danach aus, aber mittlerweile hat sich Hartnäckigkeit beim Verhandeln mit potenziellen Gelgebern ausgezahlt. Doch der Reihe nach.

Kontrast zwischen dem Turm und dem Rest der Kirche.

Ein Jahr nach der Antragstellung für Fördermittel zur Turmsanierung beim Landesamt für Denkmalpflege kam im Juni 2022 erst einmal ein ernüchternder Bescheid. Ja, es gebe Fördermittel, hieß es, aber deren Summe könne nur 55 Prozent der geplanten Baukosten abdecken. „Das war für unseren Verein vollkommen inakzeptabel, denn Eigenmittel in einem derartigen Umfang hat unser Verein nicht“ berichtet Ingrid Riedel. Die Gesamtinvestition für die Turmsanierung beläuft sich auf immerhin 260.000 bis 280.000 Euro. „Für uns hätte das bedeutet, mehr als 130.000 Euro Eigenmittel aufzubringen. Das war illusorisch“, erklärt die Vereinsvorsitzende. Nachdem sie die schlechte Nachricht habe ein paar Tage sacken lassen, sei ihr der Gedanke gekommen, ob es nicht möglich sein könnte, mit einer veränderten Strategie für den Ablauf der Turmsanierung mehr Entgegenkommen bei den sächsischen Denkmalpflegern bekommen zu können.

„Also haben wir ein neues Konzept eingereicht und erneut die Verhandlungen aufgenommen. Die Investitionen wurden auf 2022 und 2023 aufgeteilt.“ 111.000 für die Innensanierung des Turms in diesem Jahr und 155.000 Euro für die Außensanierung im nächsten Jahr. „Parallel dazu haben wir noch Anträge bei der Stiftung Kirchliche Bauten sowie bei der Katharina und Gerhard Hoffmann Stiftung eingereicht“, sagt Ingrid Riedel. Erstere erklärte sich bereit, 20.000 Euro beizusteuern, zweitere sagte weitere 10.000 Euro zu. Auch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz hat 13.500 Euro zugesagt, in denen 1500 Euro enthalten sind, die Jubilare, zum Beispiel bei runden Geburtstagen, als private Spenden zur Verfügung gestellt haben. Zudem bestehen sehr gute Chancen, aus dem europäischen Leader-Programm im nächsten Jahr Geld zu bekommen. Unter diesen Bedingungen hat nun mittlerweile des Landesamt für Denkmalpflege einen deutlichen höheren Fördersatz zugesagt, so dass unterm Strich der Verein dieses und nächstes Jahr zirka 20.000 Euro an Eigenmitteln auspacken muss, was nach den Worten von Ingrid Riedel möglich ist.

Die Plakette für den Preis im Wettbewerb.

Zumal sich in diesem Jahr neben den Einkünften aus Kulturveranstaltungen sowie diversen Spenden noch ein Wettbewerbsgewinn für die Vereinskasse bemerkbar gemacht hat. Das sächsische Landwirtschaftsministerium veranstaltet einen Wettbewerb um den Simul-Mitmachfonds. Ingrid Riedel hat in ihrem Wettbewerbsbeitrag darüber geschrieben, wie bei der Sanierung der Kirche und der Organisation der Kulturveranstaltungen in Kitzen eine Gemeinschaft von vielen Menschen zusammengewachsen ist. Ergebnis – es gab ein Preisgeld von 5000 Euro.

„Mit unserer neuen Strategie sind wir beim Landesamt für Denkmalpflege auf offene Ohren gestoßen. Ich hatte den Eindruck bei den Gesprächen, dass man in Dresden an der Problemlösung interessiert ist“, lobt Ingrid Riedel. Gelingt es, die notwenigen Handwerkerleistungen rechtzeitig zu binden, dann sollte einer Fertigstellung der Turmsanierung Ende des Jahre 2023 nichts im Wege stehen.

Ursprünglich war man im Förderverein einmal davon ausgegangen, dass sich die Kosten für die Sanierung des Turms auf das Doppelte bis Dreifach der jetzigen Summe belaufen könnte. „Aber da sind wir immer davon ausgegangen, dass etliches Geld für die Stabilität des Turmes ausgegeben werden müsste. Mittlerweile wissen wir aufgrund der Gutachten, dass die Standfestigkeit nicht beeinträchtigt ist“, sagt Ingrid Riedel. So kann also die Sanierung mit deutlich weniger finanziellem Aufwand einem gute Ende zugeführt werden, zumal vorerst auch die Glocken nicht erneuert werden müssen.

Mit der Geige begeistert

Ilia Foiguel. Foto: Karola Modl

Jede Menge Applaus zwischendurch und am Schluss gab es für Ilia Foiguel. Der laue Sommerabend am Sonntag, dem 31. Juli, kühler Wein, Bier und Bratwurst trugen sicher auch noch dazu bei, dass es ein lauschiger musikalischer Abend im Pfarrhof an der Kirche Sankt Nikolai wurde. Ilia Foiguel begeisterte die gut 65 Besucher mit Melodien wie Strangers in the night des legendären Sängers Frank Sinatra oder der Moonlight Serenade des nicht weniger legendären Komponisten und Orchesterchefs Glen Miller. Aber auch Auszüge aus den Ungarischen Tänzen von Johannes Brahms sowie Melodien aus Anatevka (Der Fiedler auf dem Dach) und anderes mehr fanden Anklang beim Publikum.

Das Publikum war angetan vom Geigenspiel. Foto: Karola Modl

Von Petuschki nach Kitzen oder wie

Gut 50 Besucher kam auf die Kulturhausterrasse

Von Moskau nach Kitzen oder von Kitzen nach Petuschki oder wo sind wir oder wohin fahren wir. Manch einem der gut 50 Besucher des Sommertheaters auf der Terrasse des Kitzener Kulturhauses am 23. Juli schwirrte wohl der Kopf. Schließlich war sich selbst der Hauptakteur nicht klar, wo er sich befand. Der Schauspieler Kay Liemann aus Leipzig kam mit dem Ein-Personen-Stück „Die Reise nach Petuschki“ nach Kitzen. Was heißt aber Ein-Personen-Stück. Er hatte Unterstützung, musikalische Begleitung von Philipp Rücker, der Klarinette, Saxophon und Flöte mitgebracht hatte und auch ein schauspielerisches Kabinettstück in der Rolle eines trunken Schaffners ablieferte, der die Strafe für nicht vorhandene Fahrkarten in Gramm Alkohol kassierte.

Kay Liemann alias Wenja Jerofejew

Wenedikt „Wenja“ Jerofejew will vom Kursker Bahnhof in Moskau zu seiner Geliebten ins zwei Zugstunden entfernte Petuschki fahren. Sein Reisegepäck: ein Köfferchen voll Wodka. Im zunehmenden Rausch reflektiert er sein Leben im Sozialismus der Sowjetunion der 1960er Jahre. Ob das nun zwangsläufig in den Alkoholismus führen musste, das sei einmal dahingestellt. Aber weiß man etwas um die Person des Autors, der eben Wenedikt Jerofejew (1938 – 1990) ist, der wegen seines nicht dem Sozialismus angepassten Verhaltens keinen Fuß in der sowjetischen Gesellschaft fassen konnte, ahnt man zumindest, warum Leben, speziell seins, im Alkoholismus enden kann.

Philipp Rücker

So urkomisch Wenjas Monologe im Rausch sind, so traurig sind sie. Die gesanglichen Zwischenstücke heiterten allerdings immer wieder auf. Ob es des zusätzlichen Wodka-Ausschanks bedurft hätte, darf jeder für sich selbst entscheiden.

Im Laufe des Stücks, das eigentlich ein Roman oder nach russischer Interpretation ein Poem ist, wird immer unklarer, wo sich Wenja gerade befindet: in Petuschki, auf einer Unterwegsstation, schon wieder in Moskau. Oder ist gar nicht erst losgefahren vom Kursker Bahnhof. Genauso wenig klar ist am Ende des Stücks, ob er wirklich oder nur in seiner Alkoholfantasie gemeuchelt wird, ob sich lediglich sein Bewusstsein für immer verabschiedet. In Kitzen war er jedenfalls, das haben gut 50 Zeugen gesehen.

Das Publikum wurde mit einbezogen.

Jerofejews Buch erschien übrigens in den 1970er Jahren erstmals in Israel und in einer französischen Ausgabe. In der Sowjetunion wurde es laut Wikipedia erstmals 1988 gedruckt.

Kay Liemann, der aufgrund seines Alters den real existierenden Sozialismus der DDR oder der Sowjetunion nicht erlebt hat, fand den Stoff dennoch faszinierend. „Mein Professor hat mir das Buch geschenkt und ich war sofort begeistert“, sagte er nach der Veranstaltung. Ob es allen Gästen des Abends ebenso ging? Die einen sagen so, die anderen sagen so.