Perfekt im alten Stil

Zum klasischen Konzert mit dem Leipziger Symphonie Orchester hatte der Förderverein am 18. Oktober eingeladen. Und die Leipziger Symphoniker hielten, was sie versprachenn. Mit Werken von Edvard Grieg, Johann Baptist Neruda und Wolfgang Amadeus Mozart begeisterten sie die rund 70 Besucher in der Kitzener Kirche Sank Nikolai. Damit war die frisch sanierte Kirche auch ausverkauft, denn das Hygienekonzept angesichts der weiter fortschreitenden Corona-Pandemie erlaubte nicht mehr Gäste.

Das Leipziger Symphonie Orchester in der Kirche Sankt Nikolai.

Den Auftakt gab der Klangkörper unter dem Dirigat von Andreas Mitschke mit der Suite im alten Stil „Aus Holbergs Zeit“. Das Musikstück hatte der Norweger Edvard Grieg (1843 -1907) dem 200. Geburtstag des dänisch-norwegischen Dichters Ludvig Holberg im Jahre 1884gewidmet.

Fortgesetzt wurde das Konzert mit dem aus dem 18. Jahrhundert stammenden Konzert für Trompete und Streicher, das als das bekannteste Werk des bömischen Komponisten und Violinisten Johann Baptist Neruda (1707 – 1780) gilt. Carsten Schirm brillierte dabei an der Trompete.

Den Schlusspunkt setzte das Orchester mit der Sinfonie Nr. 29 von Wolfgang Amadeus Mozart (1756 – 1791). Vollendet hat Mozart diese Sinfonie bereits im Alter von 18 Jahren.

Andreas Mitschke am Dirigentenpult.
Carsten Schirm an der Trompete.

Standhaft/Daßler zum Dritten

Tino Standhaft (l.) und Norman Daßler waren bereits zum dritten Mal für ein Konzert in Kitzen.

Nach 2017 und 2019 waren sie wieder da. Tino Standhaft und Norman Daßler kam dabei ein Privileg zu. Der Auftritt der beiden Rockmusiker aus Leipzig war das erste Konzert nach dem Abschluss der Sanierung in der Kirche Sankt Nikolai Kitzen. Der hätte früher sein sollen, aber die Corona-Pandemie verhinderte bislang in diesem Jahr Veranstaltungen in der Kirche. Daher sollte der Auftritt von Standhaft/Daßler am 26. September eigentlich unter freiem Himmel im Pfarrhof stattfinden. Ein entsprechendes Hygienekonzept war von der zuständigen Behörde genehmigt worden. Doch der Dauerregen machte ein Konzert im Freien unmöglich. Kurzfristig wurde in die Kirche umgezogen, ebenfalls unter strengen Hygieneregeln. Nur Besucher aus einem Haushalt durften beisammensitzen, ansonsten wurden die Zuschauer und -hörer weit auseinandergesetzt. Das Hinein und Hinaus in und aus der Kirche wurde über getrennte Türen an der Süd- und an der Nordseite geregelt. Getränke und Speisen durften nicht mit hineingenommen werden. „Maske auf!“ hieß das Motto.

Letzteres galt nicht für Standhaft/Daßler – die sollten schließlich spielen und singen. Und das taten sie in bekannt wunderbarer Manier. Im Teil des Abends holten sie Rock- und Bluessongs unterschiedlichster Musiker der 1970er Jahre hervor. So schallte Eric Claptons „Cocain“ ebenso durch die Kirche wie „Keep on Running“ von der Spencer Davis Group, „Can´t find my Way home“ von Blind Faith erklang und „Locomotiv Breath“ von Jethro Tull. Um besonders gut gerüstet zu sein für „Circle oft the world“ von Ritchie Blackmore, stimmte Standhaft extra noch einmal seine Gitarre. „Das Lied ist so schön, dafür muss alles stimmen“, meinte Standhaft lachend.

Im zweiten Teil des Abends gab es dann, wofür Standhaft/Daßler besonders gern in die Saiten greifen und die Stimmen nicht schonen. Eine Stunde lang holten sie Neil Young in den Raum. „On the beach“ fehlte ebenso wenig wie „Heart of gold“ oder „Comes a time“, „Old man“ oder „The needle and the damage done“ und „Words“. Standhaft setzte bei einigen der Songs noch die Mundharmonika ein. Alles einfach fantastisch anzuhören.

Natürlich wollten die Besucher die beiden Rocker nicht ohne Zugabe ziehen lassen. Die gabs dann dreifach, unter anderem mit „Rockin´ in a free world“. Einer von jenen Titeln, wie Standhaft anmerkte, die US-Präsident Donald Trump ohne zu fragen bei seinen Wahlkampfveranstaltungen nutzte, wofür ihn Neil Young mittlerweile verklagt hat.

In Sankt Nikolai hatte niemand Grund zur Klage, als sich die Konzertbesucher nach gut zwei Stunden Rockgeschichte zutiefst zufrieden auf den Heimweg machten. Der eine oder andere sicher mit dem Gedanken, auch ein viertes Mal für die zwei Rocker in oder an die Kirche zu kommen.

Nach einem Abend, bei dem die beiden Musiker auch optisch in bestes Licht gesetzt wurden. Hier noch ein paar Bildimpressionen des Abends:

Die Kirche im Film

Mit einem Film will der Förderverein für die touristische Nutzung des Kulturdenkmals Kirche Sankt Nikolai Kitzen werben.

Mehr als 800 Jahre gibt es eine Kirche in Kitzen beziehungsweise Hohenlohe. Seit zehn Jahren wird das Bauwerk saniert. Ebenso lange gibt es die Kultursonntage in der heutigen Kirche Sankt Nikolai Kitzen mit ihren Konzerten und anderen Veranstaltungen. All das wird jetzt in einem Imagefilm über die Kirche zusammengefasst. Der Förderverein hat dafür aus europäischen Förderprogrammen Geld bekommen. „Seit kurzem liegt uns der Fördermittelbescheid vor“, sagt Vereinsvorsitzende Ingrid Riedel. 42 840 Euro fließen für die Produktion des Films zum Verein. Das sind 90 Prozent der Produktionskosten.  Die restlichen zehn Prozent bringt der Verein aus Eigenmitteln auf. Die zuständigen Behörden des Freistaats Sachsen haben anerkannt, dass ein solcher Film der touristischen Entwicklung der Region förderlich ist und die Finanzierung aus den europäischen Programmen LEADER und EPLR bewilligt.

Restauratorin Birgit Mühler hat bei den Dreharbeiten viel zu erklären

Und so können nun Steffen und Liane Lehmann, die mit der Firma Videoproduktion Deutschland in Kitzen ansässig sind, Szene um Szene in und an der Kirche drehen. „Der Film gliedert sich in drei Teile“, sagt Ingrid Riedel. Zum einen geht es um die Kultur- und Bauhistorie der Kirche, deren Anfänge in die romanische und den Beginn der gotischen Epoche einzuordnen sind. Zum zweiten wird die bislang zehnjährige Sanierungszeit mit all ihren Besonderheiten wie der denkmalgerechten Gestaltung erfasst. Und im dritten Teil beschäftigt sich der Film mit der kulturellen und touristischen Nutzung und dem Zusammenwirken mit der Bevölkerung.

Der Turm soll nun auch saniert werden.

Der Film soll einerseits ein Dankeschön sein an all jene, die im Laufe der Jahre an der Sanierung mitgewirkt haben. Andererseits soll er Menschen Appetit machen, sich das Kleinod einmal anzuschauen. Die entstehende DVD wird also einerseits als Repräsentationsgeschenk dienen, vor allem jedoch potenziellen Partnern zugesandt. „Wir hatten schon einmal Kontakte zu einem Reisebüro in Dresden und konnte aufgrund dieser Verbindung bereits dreimal Gruppen von etwa 50 Menschen in der Kirche empfangen, die sich sehr angetan gezeigt haben vom Bauwerk und seiner Nutzung“, erzählt die Vereinsvorsitzende. Daran will der Förderverein nun anknüpfen und mithilfe des Films Kitzen als ein Ziel im Leipziger Neuseenland etablieren. Dafür ist Ingrid Riedel derzeit im Gespräch mit dem Reiseunternehmen Polster und Pohl. Unter dieser Zielstellung werden weitere Kooperationen angebahnt wie die Einbeziehung von Kitzen in die Wanderungen im Neuseenland. „Geplant ist zudem eine Zusammenarbeit mit Andrea Auster vom Wunderbrunnen, die voraussichtlich im nächsten Jahr am ehemaligen Wasserwerk eine Imkerei und einen Hofladen einrichten wird“, berichtet Ingrid Riedel. Kontakte gibt es nach ihren Worten ebenfalls zum Verein Elsterfloßgraben. Dieses technische Denkmal hat seinen Bachlauf bekanntlich auch in Kitzen. Weiteres Potenzial sieht die Vereinsvorsitzende in der Lage Kitzens am sogenannten Grünen Ring, einem Radwegesystem rund um Leipzig.

Auftritte in der Kirche, wie hier für den Film in Szene gesetzt, gehören zum Angebot des Fördervereins

Die Bewilligung der Fördermittel für den Film machen dem Verein Mut, trotz der Auswirkungen der Corona-Krise in diesem Jahr weiter mit Optimismus an die nächsten Ziele zu denken. Das ist vor allem die geplante Sanierung des Kirchturms. „Wir werden noch in diesem Jahr Angebote einholen, um uns über die Anzahl der Gewerke und der Kosten klar zu werden“, sagt Ingrid Riedel. Der nächste Schritt ist dann, für das kommende Jahr Fördermittel zu beantragen. Die für derartige Vorhaben notwendigen Eigenmittel aufzubringen war niemals leicht, wird im Moment aber noch zusätzlich erschwert. „Aufgrund der aktuellen Situation sind ja bereits mehrere Veranstaltungen ausgefallen. Das bedeutet eine erhebliche Einbuße bei den Einnahmen für den Verein“, begründet Ingrid Riedel die derzeitigen Sorgen. Zum Glück habe der Verein wieder 5000 Euro aus der privaten Katharina und Gerhard Hoffmann Stiftung erhalten. Dieses Geld könne unter anderem als Eigenkapital zur Kofinanzierung von Fördermitteln eingesetzt werden.

Übrigens …

… die Sanierung in der Kirche ist planmäßig weitergegangen. Die neuen Bänke mit der Sitzheizung stehen bereits auf ihren Podesten, auch wenn sie vorerst noch abgedeckt sind. Im Altarraum sind die neuen Sandsteinplatten gelegt worden. Damit kam der Förderverein einer Auflage der Denkmalpflege nach, die nicht denkmalgerechten Teile des Fußbodens im Altarraum zu ersetzen. Im Klartext heißt das, der Veranstaltung des Konzerts am letzten Aprilsonntag würde aus dieser Sicht nichts mehr im Weg stehen. Ob es allerdings wirklich stattfinden kann, ist wegen der Corona-Epidemie noch ungewiss. Der Förderverein muss erst noch abwarten, welche Regelungen es in Sachsen nach dem 20. April gibt.

Wir werden die Freunde des Fördervereins und der Kultursonntage rechtzeitig informieren.

Offen ist im Inneren der Kirche noch die Erneuerung des Fußbodens in der Sakristei. Das wird als nächstes in Angriff genommen. Der alte Boden ist bereits entfernt worden.

Die neuen Sandsteinplatten liegen.
Unter den Abdeckplanen stehen die neuen Bänke an ihrem richtigen Platz.

Kennen Sie Ihre Vorfahren?

Mag sein, dass es den einen oder anderen nicht so sehr beschäftigt. Aber viele Menschen wollen wissen, von wem sie abstammen, woher ihre Vorfahren gekommen sind. Carsten Iwan beschäftigt sich seit einigen Jahren damit. An einem Februarsonntag 2020 stand er nun mit Computer, Beamer und seinem Wissen im Saal des Schlosses Kitzen, um Interessierten ein paar Tipps zu geben, wie sie es anfangen können, einen Stammbaum zu erstellen.

Carsten Iwan bei seinem Vortrag zur Familienforschung.

Die einfachste Methode, um ein Stück in die Vergangenheit vorzudringen, ist: „Fragen Sie Ihre Eltern und Großeltern, was sie von ihren Eltern und Großeltern wissen“, sagte Carsten Iwan. Damit gab er auch gleich den Fingerzeig, den Beginn dieser Art der Forschung nicht auf jene Zeit zu verschieben, wenn man persönliche im Ruhestand ist und vermeintlich Zeit hat. „Dann könnte es für die eine oder andere Befragung schon zu spät sein“, so Iwan. Allerdings wird da schon klar, sehr weit kann man in die Vergangenheit nicht vordringen, es sei denn, die Eltern oder Großeltern und mit einer Portion Glück die Urgroßeltern verfügen über Aufzeichnungen davorliegender Zeiten. Möglicherweise gibt es Familien- beziehungsweise Familienstammbücher, die in Deutschland um 1875 eingeführt worden sind. Oft sind die allerdings in Zeiten der Wirren des Zweiten Weltkriegs abhandengekommen. Und persönlich aufgezeichnet haben die wenigsten Familien ihre Ahnentafeln.

Die nächstliegenden Quellen sind dann Standesämter – die wurden ebenfalls erst in den 1870er Jahren eingeführt – und Kirchenbücher. Letztere gibt es in Deutschland flächendeckend seit dem 16./17. Jahrhundert. Damit werden die Grenzen der Ahnenforschung sichtbar. Aber immerhin könnte man mit Glück und Ausdauer ein knappes halbes Jahrtausend in die Vergangenheit seiner Familie zurückreisen.

Nun stammen unsere Familie nicht zwingend über mehrere Generationen aus der unmittelbaren Region. Die Siedlungspolitik deutscher Königreiche hat im 18. und 19. Jahrhundert zu manch kleiner Völkerwanderung geführt, die sich vor allem in Richtung Ost- und Südosteuropa entwickelte. Und umgekehrt gab es im 20. Jahrhundert in der Folge zweier Weltkriege, aber auch der gesellschaftlichen Veränderungen zum Beispiel in der Sowjetunion enorme Bevölkerungsbewegungen. Unter den Bedingungen Dokumente über die Familienherkunft zu erlangen, ist meist deutlich schwieriger, als sich in die nächsten Stadesamt- oder Kirchenarchive zu begeben. Aber Carsten Iwan hat es ausprobiert und ist in Sachen Familienforschung auch außerhalb der Staatsgrenzen fündig geworden, wie er sagte.

Im heutigen intermedialen Zeitalter gibt es zudem zeitsparende Zugriffsmöglichkeiten. In den letzten Jahren sind verschiedene Programme entwickelt worden. Die Links zu einigen Beispielen:

https://www.daubnet.com/de/produkte

https://www.familysearch.org/de/

https://www.ancestry.de/

Es gibt noch viele mehr. Wobei klar sein muss, dass es nicht auf Anhieb in die tatsächliche Familiengeschichte führt und bei der Nutzung verschiedenster Programme entstehen Kosten für die entsprechenden Lizenzen.

Das trifft durchaus auch zu, wenn man sich an Archive wendet, egal ob persönlich, telefonisch oder online. Auch hier ein paar Beispiele:

https://www.archiv.sachsen.de/

https://www.archion.de/de/

https://landesarchiv.sachsen-anhalt.de/startseite/

Wer sich zu seinen Wurzeln vortasten will, wird in jedem Falle viel Geduld und Ausdauer haben und einige Euro in die Hand nehmen müssen, wie Carsten Iwan deutlich machte. Allerdings, der persönliche Lohn ist nicht schlecht und vielleicht danken es einem auch noch Enkel, Ur- oder Ur-ur-Enkel. Vorausgesetzt, das Interesse an der Vergangenheit lässt auch in den nachfolgenden und zukünftigen Generationen nicht nach.

Ein Ende ist in Sicht

Zum Adventskonzert am 1. Dezember 2019 mit dem Pegauer Elsterchor, der eine große Besucherschar begeisterte, und beim Adventsmarkt im Pfarrhof am 7. Dezember konnten die Besucher schon mal einen Blick in die frisch gestrichene Kirche werfen. Das Ergebnis dieses Teils der Sanierungsarbeiten gibt dem Inneren der Kirche einen Anblick, der überragend ist. Die Düsternis des Deckengebälks und die Tristesse der durch Alter und diverse Arbeiten ramponierten Wände ist verschwunden. Der nächste Schritt ist in den kommenden Wochen, die Installation der erneuerten Sitzbänke mit ihrer Sitzpolsterheizung. Die sollten beim ersten Konzert des Jahres am 26. April, 16 Uhr mit Mila Thieme (mehr unter Veranstaltungen 2020), das musikalische Erlebnis noch einmal deutlich versüßen.

Blick in den Südarm der Kirche nach dem erneuerten Anstrich.

Auch wenn innerhalb des Kirchenraums noch einige Arbeiten zu erledigen sind, sollten sie die Nutzung des Hauses in diesem Jahr nicht mehr beeinträchtigen. Allerdings hat der Förderverein für sein Jahres-Kulturprogramm auch Alternativen. So wird es ebenfalls Veranstaltungen im Pfarrhof geben und auf der Terrasse des Schlosses Kitzen. Jener Veranstaltungsort hatte im vorigen Jahr, als die Kirche wegen der Sanierungsarbeiten gar nicht genutzt werden konnte, bei den Besuchern Anklang gefunden. „Deshalb wollen wir ihn auch in diesem Jahr nutzen“, sagt die Vorsitzende des Fördervereins Ingrid Riedel. So wird zum Beispiel das Rockkonzert mit Tino Standhaft und Norman Dassler am 29. August, 19 Uhr, dort stattfinden.

Was die Restarbeiten in der Kirche betrifft, da zeigt sich Ingrid Riedel optimistisch, dass die wirklich in diesem Jahr abgeschlossen werden können. Den Optimismus bezieht sie einerseits daraus, dass es gemessen an der bisherigen Gesamtleistung der vergangenen Jahre wirklich nur noch Restarbeiten sind, die erledigt werden müssen. Andererseits gründet sich der Optimismus auch darauf, dass die Fördermittel aus dem Sonderförderprogramm für Denkmalschutz des Freistaates Sachsen noch ausgangs des vorigen Jahres deutlich aufgestockt wurden. Nach den Worten von Ingrid Riedel wurden die ursprünglich zugesagten 83600 Euro noch einmal ordentlich aufgewertet. Es gab jetzt insgesamt 120000 Euro aus dem Programm, die auch noch im neuen Jahr verwendet werden können. Der Verein nutzt das Geld, um Fußbodenarbeiten im Altarraum ausführen zu lassen sowie den Fußboden in Sakristei zu erneuern. Zudem wird der Nordvorraum, in dem sich das bereits sanierte Nordportal befindet, instandgesetzt.

Wenn der Verein zum Tag des offenen Denkmals am 13. September einlädt, dürften auch diese Anstrengungen Geschichte sein, hofft Ingrid Riedel. Dann ist das auch eine gute Gelegenheit, nach zehn Jahren Sanierung einen vorläufigen Endpunkt zu feiern.

Zehn Jahre Sanierung in der Kirche

Man mag es gar nicht glauben, aber die Zeit ist wie im Flug vergangen. Die Sanierung der Kirche Sankt Nikolai Kitzen geht ins zehnte Jahr. Wenn 2020 der Tag des offenen Denkmals am 13. September natürlich mit einer offenen Kirche stattfindet, wird das Thema „10 Jahre Sanierung Kirche Kitzen“ eine bedeutende Rolle spielen. Der Förderverein wird Bilanz darüber ziehen, was seit dem Jahr 2010, in dem er die herrenlose Kirche erwarb, geschehen ist. Dann wird zu hören sein, das bislang in die Erneuerung des Gebäudes die gigantische Summe von 1,2 Millionen Euro geflossen ist. Fördervereinsvorsitzende Ingrid Riedel umreißt das mit der eher unspektakulären Aussage: „Wir kommen so langsam dem Ende der Sanierung der Kirche entgegen.“

Raymond Klieber (oben) und Obeida Nouf von der Firma Lenz bei den Malerarbeitenin der Kirche.

Die Besucher des Adventskonzerts am 1. Dezember um 16 Uhr mit dem Pegauer Elsterchor werden einen ersten Eindruck davon bekommen. Bis dahin nämlich präsentiert sich die Kirche auch von innen in einem neuen Zustand. Nachdem zuletzt die elektrischen Leitungen erneuert worden sind, erhält der Kirchenraum in diesen Tagen seinen endgültigen Anstrich. Der Weißton, in dem Decke und Wände gehalten sind, wird eine vollkommen neue Optik erzeugen. Mitarbeiter der Malerfirma Jürgen Lenz aus Großpösna, die spezialisiert ist auf Anstriche nach denkmalpflegerischen Vorgaben, sorgen derzeit für die Farbgebung. Mindestens drei Anstriche wird es geben, ehe das Ergebnis vollständig ist. Wenigstens zwei sollen bis zum Adventskonzert geschafft sein.

Allerdings wird trotz alledem die Zeit zu knapp, um bis dahin auch noch die neuen beziehungsweise aufgearbeiteten und mit Sitzpolsterheizung versehenen Bänke aufzustellen. „Wir werden für das Konzert Stühle in die Kirche stellen“, sagt Ingrid Riedel. Die Bänke samt Heizung können die Besucher dann ab dem Frühjahr 2020 genießen. Für den Chor gibt es beim Adventskonzert allerdings schon eine Neuerung. Er kann auf dem neuen Bühnenpodest Aufstellung nehmen, das wie die vier Pavillons (beim Rockkonzert Ende August schon im Einsatz) und das E-Piano von den 5000 Euro angeschafft wurden, die die Kultur- und Umweltstiftung Leipziger Land der Sparkasse Leipzig in diesem Jahr als Fördermitte zur Verfügung gestellt hat. Auf dem Podest wird sich dann auch noch ein Heizteppich befinden, der dafür sorgt, dass die Künstler ihren Part nicht frierend bestreiten müssen. Denn die aufziehende Kälte in der kühleren Jahreszeit war von den Akteuren der Veranstaltungen immer wieder beklagt worden, was ihrem Engagement jedoch nie anzumerken war.

Die Innensanierung der Kirche hatte ja in diesem Jahr dazu geführt, dass bislang keine Veranstaltungen des Fördervereins in der Kirche stattfinden konnten, stattdessen im Schloss und auf der Schlossterrasse. Zu dem, was in diesem Jahr geschehen ist, gehört die Fertigstellung der Decke, das Legen neuer elektrischer Leitungen sowie die Erneuerung des Innenputzes. Auch dafür gab es Richtlinien der Denkmalpfleger. Aber mit der Firma Bubnick aus Trebsen bei Grimma hat der Verein einen Partner gefunden, der nach den Worten von Ingrid Riedel allen Anforderungen gerecht wurde. Beendet ist ebenso die Restaurierung des Nordportals, was die Restauratorin Birgit Mühler wie schon beim Südportal übernommen hatte. Beide Portale gehören zu den bemerkenswertesten historischen Teilen der Kirche, sind sie doch bereits um 1150 aus Stein gehauen worden.

Blick in den Altarraum, wo es auch nach den Malerarbeiten noch einiges zu tun gibt.

Bei alledem bleibt für das zehnte Sanierungsjahr noch allerhand zu tun. Im Frühjahr werden die Podeste für die Sitzbänke installiert. Die Bänke selbst werden lackiert, aufgesetzt und mit der Elektrik für die Sitzpolsterheizung verbunden. Im Altarbereich müssen Sandsteinplatten repariert werden, die jetzt noch vorhandenen Betonplatten werden mit Sandsteinplatten ersetzt. Letzteres soll in den Wintermonaten erledigt werden. Schließlich gibt es noch Arbeit in der Sakristei, wo der Fußboden erneuert werden muss. Nach historischem Vorbild geschieht das mit Ziegelplatten. Ähnliche Arbeiten erfolgen im Vorraum auf der Nordseite. So könnten die Sanierungsarbeiten im Laufe des kommenden Jahres tatsächlich zu Ende gehen. Parallel dazu sollte auch die Orgel wieder in Takt kommen. Die Kirchgemeinde kümmert sich darum. Ein Orgelbauer hat bereits den Auftrag bekommen, eine Bestandsaufnahme zu machen, um ein Angebot für die Restaurierung unterbreiten zu können. Die Orgelpfeifen sind übrigens ausgelagert worden. Jetzt, wo die staubintensiven Arbeiten in der Kirche zu Ende gehen, kann das Projekt in Angriff genommen werden. Eventuell könnte das Instrument ab 2021 wieder erklingen.

Allerdings bleibt dann immer noch eine große Aufgabe – der Kirchturm. Der muss jedoch warten. „Denn hier ist sicher eine Investition von mehreren hunderttausend Euro notwendig“, sagt Ingrid Riedel. Auch wenn der Großteil des Geldes aus Fördermitteltöpfen kommen muss, der Verein werde eine größere Summe Eigenkapital brauchen. „Das müssen wir erst zusammenbekommen, ehe die Turmsanierung in Angriff genommen werden kann“, erklärt die Vereinsvorsitzende.

Standhaft/Dassler begeistern

Das Rocker-Urgestein Tino Standhaft hat einmal mehr in diesem Sommer die Besucher der Konzerte des Fördervereins verzaubert und begeistert. In die beginnende Dämmerung über der Terrasse des Schlosses Kitzen hinein ließ er mit seinem kongenialen Gitarrenpartner Norman Dassler einen Rocktitel nach dem anderen erklingen. Vor allem die Songs von Neil Young sorgten im ersten Teil des Abends für Beifallsstürme der Zuhörer, die sich an dem lauen Sommerabend vor der Terrasse eingefunden hatten. Übrigens, wer es verpasst hat oder davon nicht genug bekommen kann, der wird sich freuen. Standhaft/Dassler kommen im nächsten Jahr wieder nach Kitzen. Hier ein paar Bildimpressionen von dem Konzertabend:

Tino Standhaft
Norman Dassler

Cat Stevens in Kitzen

Auch wenn er (logisch!) nicht persönlich da war, Cat Stevens Musik war präsent wie noch nie bei einem Konzert, das der Förderverein für die Kirche Sankt Nikolai Kitzen veranstaltet hat.

Kerstin Wenzel-Brückner und Wolfang Brückner rezitierten und sangen beim Konzert in Kitzen.

Der Chemnitzer Wolfgang Brückner entpuppte sich als ein Fan des fast 71-jährigen britischen Sängers, der 1977 zum Islam konvertierte und seither den Künstlernamen Yusuf führt, und interpretierte gleich mehrere der Cat Stevens/Yusuf-Titel. Und er machte er richtig gut bei „Father and Son“, „The Wind“, „Where do the children play“ oder „Peace Train“, um einige Beispiele zu nennen. Neben der Musik sind es vor allem auch die Texte, die zu hören sich lohnt. Cat Stevens, der mit mancher Meinung seit seinem Übertritt zum Islam durchaus in der Kritik steht, hat etwas zu sagen, berührt die Zuhörer. Das gelang bei dem Konzert umso mehr, weil Kerstin Wenzel-Brückner einige der Songtexte als lyrische Beiträge in deutscher Übersetzung vortrug. So ergänzten sich Gesang und Rezitation.

Kerstin Wenzel-Brückner rezitiert.

Aber Kerstin Wenzel-Brückner verstand sich nicht allein als Übersetzerin von Liedtexten. Auch mit einer Reihe anderer Rezitationen ließ sie das Publikum im Kitzener Schloss aufmerksam lauschen und holte sich verdienten Beifall. Beispielsweise mit der Ringparabel aus Lessings „Nathan, der Weise“, oder mit Brechts Gedicht „An die Nachgeborenen“ oder mit Auszügen aus den köstlichen Tagebüchern von Adam und Eva, die Mark Twain vor mehr als 100 Jahren so trefflich aufgeschrieben hat und die mit einer großartigen Liebeserklärung enden:  Adam (auf Evas Grab): „Wo immer sie war, da war Eden“.

Wolfgang Brückner sang mit Hingabe.

Wolfgang Brückner zeigte sich aber nicht allein als Cat-Stevens-Interpret, sondern ebenso machte er aus seiner Verehrung für John Lennon beziehungsweise The Beatles keinen Hehl mit unsterblichen Titeln wie „All you need ist Love“, „Imagin“ oder „Across The Universe“. Wen sollte es auch wundern, heißt doch das nunmehr aktuelle Programm „Imagine – John Lennon meets Cat Stevens“ (Stell dir vor – John Lennon trifft Cat Stevens). In Kitzen waren Brückners mit ihrer etwas breiteren Aufstellung zu Gast. Da erklang denn auch noch Eric Claptons Sound mit „Promises“ oder Ozzy Osbourns „Dreamer“. Und Brückner griff als Kenner der Ost-Rock-Seele auch auf DDR-Rocklegenden zurück bei „Als ich fortging“ von Karussell und „Am Abend mancher Tage“ von Lift, was übrigens auch dem Programm den Namen und Kerstin Wenzel-Brückner wiederkehrend  den Einstieg in ihre Lyrikbeiträge gab. Musik wie Rezitationen – Brückners haben das gut gemischt. Das kann man sich jederzeit wieder einmal anhören. Mehr zum Duo Wolke-X

Schöne Bildmotive rahmten das Programm.

Kulturhaus – oder doch ein Schloss

Vortrag im Gutspark. Im Hintergrund das Gutshaus, das eigetlich ein Schloss ist.

Fast 60 Burgen, Schlösser und Herrenhäuser erfasst die Liste eben dieser Bauten im Landkreis Leipzig auf den Seiten der Web-Enzyklopädie Wikipedia. Darunter sind auch die Groitzscher Wiprechtsburg, von der nicht viel zu sehen ist, und die Burg Zwenkau, deren Nachfolgebauten immer wieder verändert wurden und als aktuelle Version besser als Rathaus bekannt ist. Das Schloss Kitzen findet sich dort nicht. Ist das als früherer Gemeinderatssitz und jetzt als Kulturhaus bekannte Gebäude daher kein Schloss? Folgt man der Erklärung, was ein Schloss ist, nämlich ein im Auftrag des Landesherrn oder anderer Mitglieder des Adels errichtetes Bauwerk, dann können die Kitzener getrost jedem sagen: Wir haben ein Schloss!

Die Galerie der Besitzer des Ritterguts Kitzen.

Die Liste jener Adliger, die in Kitzen ansässig waren, oder durch deren Hände das Gut und damit auch das Schloss gegangen ist, ist lang. Bei einem Rundgang durch das Bauwerk und den angrenzenden Gutspark hat Carsten Iwan an einem der vom Förderverein für die Kirche Sankt Nikolai organisierten Kitzener Kultursonntage anschaulich erklärt, wie alles zusammenhängt. Auf zwei großen Schautafeln vor dem Schloss ist das auch noch einmal zusammengefasst. Zudem geben Plakate an der Remise daneben Auskunft über die in Kitzen ansässigen Adelsfamilien.

Bevor jedoch das heute sichtbare Herrenhaus beziehungsweise Schloss errichtet wurde, gab es eine lange Vorgeschichte. Wo es heute steht, befand sich einst eine slawische Fluchtburg, die man sich zwar nicht wie heute noch bekannte Burgen vorstellen darf, sondern ein System von Wällen und Gräben, mit denen sich die damaligen Bewohner vor mehr als 1000 Jahren vor Feinden schützen wollten. Carsten Iwan verweist auf die Aufzeichnungen der Pegauer Mönche, nach denen Wiprecht II. von Groitzsch 1073 in Zeitz Fridericus von Cutze erschlagen hat. Der ist der erste bekannte Gutsbesitzer von Kitzen gewesen, weshalb letztlich 1073 als urkundliche Ersterwähnung von Kitzen angenommen wird. Eine Siedlung muss es laut Carsten Iwan allerdings wenigstens seit dem Jahr 1009 gegeben haben. Zu diesem Zeitpunkt hatten die deutschen Franken das Land östlich der Saale bereits in Besitz genommen und es gab keine neuen Gründungen slawischen Ursprungs mehr. Doch der Ortsname Kitzen sei slawischen Ursprungs und bezeichne eine Burg am See.

So soll die Burganlage im Grundriss ausgesehen haben. (Zeichung Carsten Iwan)

Was wir heute als Gutspark kennen, das ist ein Teil des früheren Sees, der ursprünglich ein Sumpf gewesen sein soll. Erst mit der Aufschüttung eines Damms etwa im Verlauf der heutigen Leipziger Straße wurde das feuchte Gebiet zum See. Die Burganlage daran war laut Carsten Iwan eine Niederungsburg ohne feste Gebäude. In die Sicherheit der umgebenden Wälle konnten sich die slawischen Bauern bei feindlichen Angriffen flüchten. Zugleich soll es eine Kultstätte für die slawische Götting Cica beziehungsweise Ziza gewesen sein. Der ihr gewidmete Tempel wurde allerdings auf Weisung des Merseburger Bischofs Thietmar um 1009 zerstört. Die Burg selbst wurde ins fränkische Burgwart-System eingegliedert und zu einer kleinen Burg mit Vorburg und Motte (ein vorwiegend in Holzbauweise errichteter mittelalterlicher Burgtyp) ausgebaut. Und da hatte Fridericus von Cutze seinen Sitz.

Vom einstigen See ist nicht mehr viel zu sehen. Carsten Iwan (r.) bei seine Vortrag am Teich im Gutspark.

Am Schloss und am Teich im Park konnte Carsten Iwan den mehr als 60 Teilnehmern des Rundgangs anschaulich die Dimension der einstigen Burg veranschaulichen. Von der Ausdehnung her könnte sie das heute bekannte Areal des 14.500 Quadratmeter großen Gutshofes und des 27.000 Quadratmeter großen Gutspark umfasst haben.

Nach dem Tod von Fridericus de Cutze kam die Burg in den Besitz Wiprechts von Groitzsch. Gottfried von Hohenlohe (um 1243), Markgraf Dietrich von Landsberg (um 1277), die Familien von Hacke (um 1300 und um 1586 sowie um 1700), die Familien von Dieskau (um1722), die Gräfin von Dankelmann (um 1821) und andere waren spätere Besitzer des Gutes. Der ursprüngliche Bau des Schlosses geht auf das 17. Jahrhundert zurück.